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Ein großer Tag war mir der, an welchem
ich zum erstenmal mit dem Vater in die Kirche
gehen durfte. Das wird sicher hier bei jedem Kin
de mehr oder minder der Fall sein, je nachdem
es viel auf das Reden und Thun der Erwachse-
nen achtet. Die besten Kleider nent man „Kil-
kohäs". Wens läutet, wird jedes Gespräch durch
lautes Gebeth unterbrochen und was man in
der Kirche gehört hat ist eine ausgemachte Sache.
Schon dadurch muß das ungewöhnlich große Gebäude
in den Augen des Kindes eine ganz eigene
Bedeutung gewinen, wenn es mit dem Begrif-
fe Haus Gottes auch noch so wenig anzufangen
weiß. Unsere Kirche steht am Fuße des Berges
der gegen Norden eine Fortsetzung der Kette
Widderstein-Üentscherspitz bildet. Sie steht etwas
ob den Häusern auf einem kleinen Felsenvor
sprung und die T über die das Thal einschlie
ßenden Berge hervorragenden Felsenkö-
pfe schauen ernst und freundlich auf sie her-
ab. Ich hatte mehrmahls versucht, in das wun-
derbare Gebäude hineinzusehen, von dem
daheim stets mit so großer Ehrfurcht gesprochen
wurde, doch wen ich die Thüre öffnete, kam
mir ein ganz eigener Duft entgegen und
erschrocken trat ich wieder zurück. Mit anderen
Kindern wagte ich auch nicht hinzugehen
weil ich imer sorgte, daß etwa das eine oder
andere sich eine Unart erlauben könte. So
war es den für mich ein wahres Ereigniß
als endlich auf mein Bitten und Betteln
der Tag bestimt ward, an dem ich mit dem
Vater beim Gottesdienst erscheinen sollte,
Schneider und Schuster bekamen für mich zu
thun auf diesen Tag. War ich einmal un-
artig, so hieß es: Ja bist du so und willst
in die Kirche. Mit einer so fromen
zugleich hoffnungsvoll gehobenen und