UMUkSkl WkUksWe
MMW
von Dr. Andreas Ulmer.
Katechetenverein Vorarlberg.
er Verlagsanstalt, Dornbirn.
UI men
Unser Landesbischof Or. Sigismund Waitz
geboren ZU Driren J8ÖJ, zum Priester geweiht J886, zum Dischof konsekriert 1913,
Generaloikar in Vorarlberg 1913—1925, Apostolischer Administrator für Vorarlberg, Vord-
und Dsttirol seit 1925, päpstlicher Thronassistent seit 1933.
A/1458.
Imprimatur.
Administratura Apost flica Fcldkirchensis,
die 25. Aug-Uiti 1933.
L. ร. Franciscus T ร e h a
Provicarius.
Vorwort.
Der hier gebotene Abriß einer Kirchengeschichte Vorarlbergs ist znnächst
für den Gebrauch an Haupt-- und Mittelschulen des Landes berechnet, soll aber
auch weiteren Kreisen unseres Volkes das Wissenswerteste aus der Geschichte
der -Entwicklung und reichen Entfaltung kirchlichen Lebens im Lande vermitteln
und mit den hervorragendsten Trägern desselben, von denen wir mehrere unter
der Zahl der Heiligen verehren, bekannt machen. In der Schilderung des kultu--
rellen Wirkens der Kirche wurden besonders auch ihre karitativ sozialen Leistun
gen und die Bestrebungen für Geistesbildung und Kunstpflege hervorgehoben.
Ein bedeutender Anteil hieran fällt den Klöstern und Ordensniederlassungen
im Lande zu, auf die in den betreffenden Abschnitten jeweils hingewiesen
wird. Falls AusfühMcheres über diesen letzteren Gegenstand erwünscht, mag
solches des Verfassers Abhandlung: „Die Klöster und Ordensniederlassungen
Vorarlbergs einst und jetzt" (1926) entnommen werden. Nicht unwillkommen
dürften dem Benützer des vorliegenden Leitfadens sein die fallweise gegebenen
Hinweise aus die den betreffenden Gegenstand ergänzend behand-elnden Lesestücke
ans den beiden Bänden des Vorarlberger Lesebuches (I. Ausl., 1924/25). *)
— Insbesondere für den Gebrauch in Schulen erscheint der in zehn Abschnitten
behandelte Stoff nach Bedarf in mehrere Unterabteilungen gegliedert, was den
Vorteil der Übersichtlichkeit bietet und die Möglichkeit schasst, in abgerundeten
Stundenbildern den Lehrgegenstand zu behandeln.
*) Die Anführung der Stücke lauf Grund der FuhrwtenkZifstrn (nach je 1—10) siehe
im Mrchtext auf Seite 0, 18, 30, 47..
Möge das Büchlein in Schule und Haus Segen stiften; möge es für Jugend
und Volk in etwa Belehrung und Aufklärung bieten, die in unserer Zeit des
Kampfes gegen die Kirche und ihre Diener so notwendig ist; möge es aber
auch Liebe und Begeisterung wecken für diese katholische Kirche, der unser Volk
und Land so vieles zu verdanken hat in Vergangenheit und Gegenwart!
Der Vorarlberger Katechetenverein.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Vorwort .............................................. - • * h • • f • 3
1. Im Frühro t des Christen tuw s. Ko-Lumban luiN'd Gakus in
Bregenz 5
2. Gewinnung des Landes .für das Christentum. Mönche .Fs GlaubenÄboten
und Knltu rpwniiere................................................................................ O
a) Förderung des Bekehrungswerkes durch die neuen Büsbütmvv -und das
Königtum. Vvlksheili'ge k ........................................ * ♦ 6
b) Das Kulturwerk der Klöster im Lande.................................... ♦ 8
3. 10t. Gebh ard, Graf von Bregenz, Bischof von Ko nstanz 9
4. Das Gesch'llecht der 'Grasen von Bregenz und feine Ver-
di'-en'ste AIM di!e Kiirche............................... 10
5, Bluten und Früchte kirchlichen Ledens im Mittelalter 12
a) Die Montforter Grafen und deren StellAng im kirchlichen und
sozialen Leden ihrer Zeit........................................ . . 12
b) Drontfort'sche Kloster gründANge n im Lande......................................................14
c) Kirchengeschichtl'iche Erinnerungen aus bewegter Zeit . . . 15
d) Neuer Aufschwung religiösen Ledens; dessen Ausdruck im Kunstschaffen
-und in dier allgemeinen Geisteskultur der Zeit . » . . . 15
6. Das Zeitalter des gr o ßen G laudensadf alles —Gefahren
und Abwehr 18
a) Ansätze und Ursachen der Gährung. Auifflammeir dier neuen Bewegung 18
b) Siegreiche Abwehr durch die vereinigte weltliche und geistliche Macht 20
7. Der hl. Fideli'S. Neues Aufblühen kirchlichen und
k u l t IU r e l l e n L e d e n s ........................... 22
a) Des hl. Fidelis Bedeutung 'für unser Land -und seine Nachbarschaft. 23
Um unser Land verdiente Vertreter des Kapuzinerordens . . 23
b) Die Jesuiten und ihre erstmalige Niederlassung in Feldkirch . . 24
c) Kulturelle Verdienste 'alter Klöster. Neu .entstehende FraueMöster . 26
d) Ehrengalerie berühmter Vorarlberger geistlichere Standes vom 16. bis
18. Jahrhundert .................................................................................................... 27
e) Die Fürsten macht für die Erhaltung und Mehrung des Glaubens . 29
f) Kraftvolle Aeußerungen religiösen Lebens .................................................30
g) Neue Blütezeit kirchlicher Kunst. Günstiger Stande der VMs'bildung 30
8. D i e Zeit der Aufklärung" und der „Säkularisation" . 33
a) Widerwillige Aufnahme der stiaatskirchlichen Refo ym-Maß nah men
Kaiser Iofefs II. im Lande....................................................................33
b) Säkularisation oder Klvstevaufhebung und Wegnahme geistlichen
Herrischaftsbesitzes 1782—'85 und 1802/03 ...... 35
c) Die Ki'.chenpolitik der bayrischen Regierung im Lande (1806—14) . 36
9. «Neugestaltung der Bi stumsv er hält Nisse 1816—19., Die
kirchliche Verwaltung des Landes in der neuesten Zeit ... 38
10. Kirchliches Leben in N'euerer und neueister Zeit............................................ 40
a) Katholische Lebensauffassung im Kampf MN die Anerkennung in der
Oeffentlichkeit .......... 40
b) Neue klösterliche Niederlassungen männlicher Orden . . . 41
c) Neue klösterliche Niederlassungen weiblicher Orden .... 43
d) Ausgestaltung der Seelsorge. Neuer Eifer für die Zierde des Hauses
Gottes ... . . . . . . . . . 44
e) Durch Gelehrsamkeit oder seelsorglich-karitatives Wirken berühmte
Priester des Landes............................... ... - 45
1. Im Frührot des Christentums. Kolumban llnd Gallus in Bregenz.
Die ersten Spuren des Christentums führen uns nach der Römer
stadt Brigant i um (Bregenz) am Bodensee. Mit der rätisch-tel-
tischen Bevölkerung des Landes vermischten sich die siegreichen
Römer. Mit der römischen Sprache und Kultur nahm das unterwor
fene Volk auch den christlichen Glauben an, der ihm durch christliche Kauf
leute, Veteranen oder auch Flüchtlinge aus Italien gebracht wurde. So
mochte schon vor Ende des zweiten Jahrhunderts eine Christengemeinde
in Bregenz bestanden haben Itnb hat glaublich die Christenverfolgung des
Kaisers Diokletian (284—305) auch hier ihre Opfer gefordert.
Als Kaiser Konstantin der Große der Kirche 313 den Frieden gege
ben, ist wohl in Bregenz das nachmals der hl. Aurelia geweihte Kirch
lein an der Stelle der heutigen Pfarrkirche entstanden. Durch das Ein
dringen und die Besitzergreifung des vorarlberglschen Unterlandes durch
die heidnischen Alamannen um 500 erlitt das Christentum unter den
Resten der romanischen Bevölkerring dahier einen schweren Schlag und
ging lvohl größtenteils wieder unter.
Um das Jahr 610 kamen die irischen Glaubensboten oder Missionare
St. Kolumban und St. Gallus mit ihren Gefährten von Frank
reich her über die Schweiz nach Bregenz. Am Fuß des Gebhardsberges
nächst dem heutigen St. Gallusstift schlugen sie ihre Zelte auf. Gallus,
der der alamannischen Sprache kundig war, predigte den Bewohnern und
durfte es schließlich wagen, die im vormaligen christlichen Kirchlein auf
gestellten heidnischen Götzenbilder zu zerstören und in den nahen See zu
werfen; alsdann gab er das von den Alamannen entweihte Kirchlein
wieder dem christlichen Kult zurück und weihte es zu Ehren der hl. Aure
lia, Jungfrau und Märtyrin aus der Gesellschaft der hl. Ursula.*) Poli
tische Verhältnisse veranlaßten aber schon nach drei Jahren den Wegzug
der Glaubensboten aus Bregenz. Gallus schlug drüben über dem Rhein
im Tale der Steinach seine Zelle auf. Diese Zelle entwickelte sich später,
nachdem der hl. Othmar hier Abt geworden (t 759), zur weltberühm
ten Abtei St. Gallen.^) Durch die Schüler und Nachfolger Gallus'
wurde dann das von ihn, begonnene Bekehrungswerk unter unseren
Vorfahren fortgesetzt. Von St. Gallen aus zog auch der hierzulande ver-
6
Des hl. Gallus Predigt in Bregenz.
(Von M. v. Feinevstoin', HochailitarbWd ilm 'St. GallusstP, Bregenlz)
ehrte Abt St. Magnus (t um 750) nach dem Allgäu, wo er das Kloster
Füssen gründete.
2. Gewinnung des Landes für das Christentum. Mönche als Glaubens
boten und Kulturpioniere.
a) Förderung des BekehrungsWerkes durch die neuen Bistümer
und das Königtum. Volksheilige.
Langsam, aber stetig drang das Christentum im Lande vor. Beför
dert wurde seine Ausbreitung außer durch die Predigt der Missionare
7
und Mönche durch das Beispiel der christlich gebliebenen Romanen —
! wie das aus Rönrern und Rättern zusammengesetzte Mischvolk hieß —,
dann durch den Einfluß des Bistums Chur, das irrn die Mitte des
1 vierten Jahrhunderts schon bestand, sowie des alamannischen Bistums
Konstanz, das in dieser Stadt seit Mitte des sechsten Jahrhunderts
den Bischofssitz hatte. Im Oberland hatte das Christentum von Chur her
Eingang gefunden. St. Luzins, nach der Ueberlieferung ein britischer
König und nachmals erster Bischof von Churrätien, war in Chur als
Glaubensbote tätig gewesen und war hier nm 200 des Martertodes ge
storben. 3) — In der Rankweiler Gegend trug zum"Steg des Christen-
tunrs viel bei die überragende Persönlichkeit des Alamannenapostels
St. Fridolin, der nach der Ueberlieferung dem Gaugericht Rankweil-
Müsinen4) in Vertretung einer ihm strittig gemachten Sache einen aus
dem Grabe hervorgerufenen Toten als Zeugen vorführte.5)
Weiters trugen zur Ausbreitung des Christentums hierzulande we
sentlich bei die fränkischen Re lchsgesetze mit ihrem ausgespro
chen christlichen Charakter; seit 636 nämlich unterstand das ganze Land
der Oberhoheit der christlichen Franken. Der fränkisch-merowingische Kö
nig Dagobert I. (622—639) setzte die Bi stums grenzen zwi
schen den Diözesen Chur, Konstanz und Augsburg fest, die durch unser
Land liefen und bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts ihre Geltung
hatten. Die südliche Hälfte des Landes gehörte zu Chur, die nördliche zu
Konstanz und verlief die Bistumsgroirze zwischen Gotzis und Hohenems
(Lourdeskapelle bei Attach); die rechts liegende Talseite des Klein-Walser
tales und der Tannberg gehörte zu Augsburg.
König Dagobert I. war auch ein großer Wohltäter der uralten St.
Peterskirche in Viomna-Rankweil, in der heute noch für ihn und seinen
Sohn Sigisbert ein Jahrtag gehalten wird. Diese St. Peterskrrche
im Oberland °) und die S t. G a l l u s k i r ch e in Bregenz gelten als die
ältesten Kirchen im Lande, von denen je weitere Seelsorgsgrün-
dungen ihren Ausgang nahmen. In frühe Zeit hinauf reichen auch die
Seelsorgskirchen von Nüziders und Bludenz. An die merowingischen
Bekehrungseinflüsse erinnern die im Oberland auffallend verbreitete Ver
ehrung des hl. E l o g i u s (Eligius, im Volksmund St. Loy, Luy ge
nannt), eines fränkischen Bischofs (t 659), sowie die einst viel begangene
Wallfahrt zu Ehrm des hl. Bischofs A r b o g a st (Algast) von Straß
burg (t um 678) zu der ihm geweihten Kirche im Waldtal zwischen Götzis
und Klaus.7) Wahrscheinlich haben diese beiden Heiligen persönlich in
unserem Lande geweilt, ersterer vielleicht in Begleitung König Dago
berts I., letzterer in jener Dagoberts II. Frastanz, das den fränkischen
Bischof St. Sulpitius zum Kirchenpatron hat, verdankt vermutlich
8
sein Christentum und seine Kirche
P s ä v e r s.
dem am Ort begüterten K l o st e r
b) Das Kulturwert der Klöster im Lande.
Pfävers wurde um 730 vom Kloster Reichenau aus gegründet,
das hinwiederum von dem aus dem Frankenreich kommenden St. Pir
min 724 gestiftet worden. Mehr noch als Pfävers besaß das Kloster
St. Gallen schon in sehr früher Zeit in unserm Lande Einfluß und
bedeutendes Besitztum, was sicher der Einführung und Befestigung des
Christentums bei unsern Vorfahren zugute kam.8) Im Groß-Walsertal
erhielt das K l o st e r Einsiedeln um das Jahr 972 Besitztum zu
folge Schenkung eines dort wohnenden frommen Büßers namens Adam,
bekannt als S t. G e r o ld : die spätere Propstei Frisen oder St. Gerold?)
Das Kloster Einsiedeln selbst verdankt seine Entstehung der Einsiedel
klause des hl. Meinrad (t 861), ans der sich in der Folge die berühmte
Abtei und Marienwallfahrt entwickelte.
Dem Kloster St. Galler: gehörte auch der Schottenkonvent
auf St. V i k 1 or s ber g, ein Klösterchen mit schottischen, d. i. aus Jr-
Grabmal St. Gerolds in der Propsteiiirche St. Gerold.
land gekommenen Mönchen. Hier wohnte der hl. Mönch Eusebius
durch 30 Jahre als Rekluse oder freiwillig Eingeschlossener, der erst in
den letzten Lebensjahren feine Zelle verließ, um bei den Umwohnern
seelsorglich zu wirken. Auf einem solchen seelsorglichen Gang wurde ihm
9
nach der Ueberlieferung von Sonntagsschändern, die über seine Mahn
Predigt erbost -waren, das Haupt abgeschlagen (t 884).'°)
Eine überaus große Bedeutung für das kirchliche Leben und die
kulturelle Erschließung des Landes erlangte das nm 1097 gegründete
Benedikt inerklo st er Mehrer a น. Um die Urbarmachung und
Besiedlung des Bregenzerwaldes und die seelsorgliche Betreuung der sich
dort ansiedelnden Bewohner erwarben sich die Mehrerauer Mönche große
Verdienste. Sie erfreuten sich hiebei der Beihilfe der Alten Gra
fen von Bregenz, erloschen um 1160, und der von ihnen abstam
menden Grafen von Montfort. Das Stift begründete irn Bregen
zerwald auch die meisten heute bestehenden Pfarreien. Zur Zeit des Jnve-
stiturstreites als päpstliches Kloster mit strenger Regel gegründet, war es
treu kirchlich und päpstlich gesinnt und wurde daher in den Kämpfen zwi
schen Kaiser und Papst von Anhängern des ersteren im Jahre 1245 in
Asche gelegt und verbrannt.
3. St. Gebhard, Graf von Bregenz, Bischof von Konstanz.
Einer erlauchten Familie entstammte St. Gebhard, unser Landes
patron (geb. 946, gest. 995). Seines Urahns Udalrich T. Schwester
Hildegard war die Gemahlin Kaiser Karls d. Gr. Gebhards Vater
war Graf น l r i ch VI., genannt Utzo, von Bregenz, seine Mutter, die
bei der Geburt des Knaben starb, hieß Dietburga von Zähringen.
Der kleine Gebhard wurde vom Vater in die bischöfliche Schule nach
Konstanz zum hl. Bischof Konrad -gebracht. Einstmals, so erzählt die
Legende, hatte sich der lebhafte Knabe in Abwesenheit des ihm väterlich
gesinnten Bischofs beim Spiel aus dessen bischöflichen Stuhl gesetzt und
seine Mitschüler im Spiel geprüft und ausgefragt. Unerwartet trat Bi
schof Konrad ein. Jung Gebhard erschrak und verschämt erbat er Ver
gebung. Der Bischof aber lächelte: „Ei, Gebhard, so rasch ivillst du meine
Stelle vorweg nehmen. So kommt es nicht. Nach mir ist sie noch einem
andern bestimmt. Erst dann hat der Herr dich ersehen." Die Vorhersage
erfüllte sich. 980 ward Gebhard zum Bischof der großen Diözese Konstanz
erwählt. Als guter Hirt leitete er die ihm anvertraute Herde. Bei seiner
Bischofsstadt gründete er das Benediktinerkloster Petershausen.
Er machte eine Pilgerfahrt nach Rom -und erhielt von: Papst eine kost
bare Reliquie, das Haupt des hl. Papstes Gregor, für die neue Kloster
kirche. Die Römer aber wollten, so berichtet wieder die Legende, diesen
1) II., 202. iUn'd idstle -folgenden DeTwei.flU'Niaimr beWlchen sich iCiuf id'Us Dovarkberiger
Lesobtuch, I. (19125) UNÄ IL (1924) Bamid«, und die Nummern der Leisestücke.) — 1 2 3 *) L, 177.
3) I., 202, -V 4) II,, 204. — 5) L, 201. — °) I., 202. — 7) L, 202. —. 8) IIV 203. —' ») L, 227.
-- 10) I 200.
10
Schatz nicht lassen. Sie verfolgten den Bischof auf seiner Rückreise bis an
den Po. Hier fand der Flüchtling keine Furt noch Brücke. Da machte er
das Kreuzzeichen lind sofort teilte sich die Flut und trockenen Fußes er-
St. Gebhards Eintritt in die bischöfliche Schule in Konstanz.
(Don Gvbh. Fngel: DeckenbM in der GöWavdsbevgkirche.)
reichte er mit seinem Schatz das andere Ufer und gelangte glücklich in
die Heimat. — Tief betrauert von der ganzen Diözese starb der hl. Bischof,
ein wahrer Vater der Armen, im Jahre 995. Sein Todestag, der 27. Au
gust, wird alljährlich auf dent G e b h a rÄ s b e r g dessen einstige Burg
von der Ueberlieferung als seine Geburtsstätte bezeichnet wird,
hochfeftlich unter großem Zulauf des Volkes begangen, ch
4. Das Geschlecht der Alten Grafen von Bregenz und seine
Verdienste um die Kirche.
Das Bregenzer Grafengeschlecht, dem St. Gebhard entstammte, zeich
nete sich auch in der Folgezeit durch r e l i g i ö s e G e s i n n u n g aus. Im
Jnvcftiturstreit zwischen dem deutschen Kaiser Heinrich IV. und dem Papst
Gregor VII. hielt es treu zur p ä p st l i ch e n Partei und mußte da
für in jenen sturmbewegtön Tagen, im Jahre 1079, den Ueberfall und die
Einnahme Iber Bregenzer Oberstadt durch den Feind erdulden. Der gräf
lichen Familie gehörten außer St. Gebhard noch weitere durch hei
ligmäßigen Lebenswandel ausgezeichnete Personm an: die zwei Brüder,
der sel. Diedo und der sel. M e r b ob. -) Diedo lebte als Klausner in
Dominikanerinnenkloster St. Peter in Bludenz.
seiner Einsiedelei in Andelsbuch (t um 1080); Merbod war Mönch des
Klosters Mehrerau. Er wurde der erste Seelsorger von Alberschwende
ttNd erlitt in Ausübltng seines Hirtenamtes dortselbst den Martertod (um
1120). — Die sel. Haber ilia (Haberilla), die der Volksmund einem
vornehmen alamannischen Geschlecht in Buch-Alberschwende entstammen
läßt, soll eine Schülerin dieses sel. Merbod gewesen sein; eine andere
weniger wahrscheinliche Ueberlieferung bezeichnet sie als eine Jüngerin
des hl. Gallus, der sie zur Vorsteherin eines Nonnenklösterchens (nächst
seiner mit Kolumban um 610 begründeten Mönchssiedlung am Fuß des
Gebhardsberges) bestimmt habe. — Die sel. Ilga (oder Hilta), die als
12
Klausnerin aus der Höhe über Schwarzenberg gelebt haben soll, gilt nach
der Ueberlieferung als eine Schwester der sel. Diedo und Merbod. —
Dem Bregenzer Grasengeschlecht gebührt auch das Verdienst der
Gründung des K l o st e r s Mehre r a u ; denn dessen Haupt st ifter
waren Graf Ulrich X. und seine Gemahlin Bertha von Rheinfelden.
Durch deren Bemühungen entstand um 1080/81 an der Stätte der Ein
siedelei des sel. Diedo in Andelsbuch das erste Klösterchen, das mit Mön
chen aus Petershausen besetzt wurde. Schon bald aber, um 1097, wurde
es in der Bregenzer Gegend, in die Au am See („Gotteshaus in der
Au"), herausverlegt. Der ursprüngliche Holzbau machte im Jahre 1112
einem Steinbau Platz, den des Stifters Sohn, Graf R u d o 1 s, der letzte
der alten Bregenzer Grafen (t 1158), aufführen ließ.
5. Blüten und Früchte kirchlichen Lebens im Mittelalter.
a) Die Montforter Grafen und deren Stellung im kirchlichen und sozialen
Leben ihrer Zeit.
Die durch zwei Jahrhunderte im Lande mächtig gebietenden G r a -
f e n von Montfort und Wer d e n b e r g stammen mütterlicherseits
von den Alton Grafen von Bregenz ab. GrafHugo von Montfort,
der jüngere Sohn der Elisabeth, der Erbtochter des eben genannten letzten
Grafen Rudolf von Bregenz, die sich mit dem Pfalzgrafen Hugo von Tü
bingen vermählt hatte, erhielt das Erbe seiner Mutter hierzulande und in
der benachbarten Schweiz, verlegte seine Residenz von Bregenz nach Feld
kirch, nannte sich „Graf von Montfort" und wurde der Stammvater der
beiden nachmaligen Hauptlinien des Gesamthauses Montfort, eben der
Grafen von Montfort und Werdenberg. ■')
Von diesen beiden gräflichen Häusern haben sich einige Mitglieder zu
hohen kirchlichen Stellungen emporgeschwungen: Heinrich, ein jüngerer
Sohn dies Stammvaters Hugo von Montfort, trat in den neugegründeten
Dominikanerorden ein, stand im Ruf der Heiligkeit und Gelehrsamkeit
und wurde 1251 Bischof von Chur (t 1272). Dessen Neffen waren
Friedrich von Montfort-Feldkirch, gleichfalls Bischof von Chur (reg.
1282—90) und Wilhelm, Abt von St. Gallen (t 1301). — Hart-
m ist n เท, Graf von Werdenberg-Sargans zu Vaduz, schloß sich dem Jo
hanniterorden sttt und hatte später (von 1389—1416) ebenfalls den Bischof
stuhl von Chur inne.
Aus der den Montfortern verwandten sreiherrlichen Familie von
Brandis, die die inländifche Herrschaft Blumenegg innehatte, wurde in
der Folge ebenfalls ein Vertreter auf den bischöflichen Dhron von Chur
erhoben: Bischof Ortlieb von Brandis (reg. 1458—91). Dieser,
3
ein Sohn des blumeneggischen Landesherril Wolfhart I., führte als aus
gezeichneter Oberhirt eine segensreiche Regierung.
Mochten auch die regierenden Grafen beider montfort'schen Haupt
linien bei den damaligen unruhigen Zeiten in vielfache Fehden gegen
einander und gegen auswärtige Gegner verwickelt gewesen sein, so muß
doch anerkannt werden, daß sie im allgemeinen sür das Wohl ihrer
Untertanen besorgt waren; unter ihnen wurden deutsche Walser
aus der Jnnenschweiz, besonders aus Wallis, als Kolonisten ins Land
berufen, die die Hochtäler und Gebirge im Hinterland befiedelten und
urbar machten und denen die Grafen mancherlei Freiheiten gewährten.4)
Die beiden letzten Grafen von Feldkirch und von Bludenz entließen ihre
Untertanen aus der Leibeigenschaft und begabten sie mit großen Frei
heiten. Mit solchen menschenfreundlichen Maßnahmen waren die Grafen
rhrer Zeit weit vorangeeilt und handelten hierin beispielgebend für ihre
Standesgenossen.
Johanniter in Klösterle am Arlberg.
(Bon Toni Kirchmayr, Innsibruck.)
14
b) Monlsort'sche Klostergründungen im Lande.
Mehrere Klo st erftiftun gen im Lande sind unsern einstigen
Grafen zu verdanken. Schon Gras Hugo I., der Stammvater, gründete
1218 in seiner Stadt Feldkirch das Johanniter-Ritterhaus
Grabdenkmal Rudolfs IV., Grafen von Montfort-Feldkirch.
(In bicr Pfarrkirche Fe-Dkirch.)
mit einer Filiale in K l ö st e r l e a. Arlberg zur Betreuung der über den
Paß ziehenden Wanderer.5) Auf der Höhe des Arlbergs selbst erstand
später, im Jahre 1386, das Hospiz St. Christoph durch die Bemühungen
eines edlen Menschenfreundes, Heinrich Findelkind von Kemp
ten.") Graf Hugo I. von W e rd e nb e r g - H e i l i g en b e r g, Herr
von Bludenz, und der vorgenannte Graf Friedrich von Montfort-
Feldkirch, Bischof von Chur, gelten als die Stifter des Dominikane
rinnenklosters S t. Pete r bei Bludenz, des ältesten noch bestehenden
Klosters im Lande, 1286. Feldkirchs letzter Graf und sein größter Wohl
täter, Rudolf IV. von Montfort-Feldkirch (t 1390) verewigte
sich durch zwei Klosterstiftungen: das Minoriten- (Franziskaner- oder
Barfüßer-) Kloster auf St. B ikto r s ber g, 1383, und das Klarissen
kloster V a l d u n a, 1388.7) Diese beiden Stiftungen wirkten sich in der
Folge segensreich im Lande aus: ersteres, das zur Straßburger Provinz
gehörte, durch den kirchlich erneuernden uni) kulturell hebenden Einfluß,
der von diesem Orden seit dem 13. Jahrhundert in allen deutschen Landen
15
aus ging; Validuna aber dadurch, daß es während der ganzen Dauer
seines Bestandes stets ein Musterkloster war, das auch für andere Nonnen
klöster vorbildlich wurde.8) Eine montfort sche Stiftung sodann, auf Gras
Hugo III. von Montfort-Bregenz-Pfannenberg, den
Minnesänger, zurückgehend, ist das Dominikanerinnenkloster Hirsch-
berg-Htrschtal (Kennewach) 1422, seit 1797 bis heute in Thal
bach- Bregenz bestehend. — Aus ungefähr derselben Zeit, 1436, stammt
das vormalige bis 1782 bestehende Franziskaner-Tertiarinn en-
Kloster Thalbach-Bregenz. Auf das Geschlecht der Ritter
von Ems zur Hohenems, das 1560 zur Grafenwürde emporstieg, geht
zurück die Stiftung des Klösterleins der Augustiner-Eremiten
vom hl. Paul dem Einsiedel, in E bn it, Mitte des 14. Jahrhunderts,
das aber schon nach 30 Jahren wiedier einging.
c) Kirchengeschichtliche Erinnerungen aus bewegter Zeit.
CEme (Erinnerung an ben Appenzeller K r t' e g (1405—08) ist biie Seekapelle
in Bvogenz. Der Krieg wurde bekanntlich durch die Schlacht vor den Mauern der Monate
lang 'belagerten Stadt am Hilari entag, 13. Jänner 1408, entschieden. Damals hatte Gras
Wilhelm IV. von Montfort-Br'egenz mit den' treu zu ihm haltenden Bürgern und der zur
Hilfe herbeigeeilten schwäbischen Ritterschaft vorn St. Georigenschild die Appenzeller ver-
nichbertd geschlagen». °) Ueber dem Massengrab der gefallenen Appenzeller wurde 1445 eine
kleine Kapelle M Ehren des Ritterpatrons ist, Georg, die iSelebapelle, erbaut, die nach meh^
reren Reu- und DergrößerungÄbauten 1699 die heutige Gestalt erhielt.
Bald darauf bot unser Land, als Durchzugsgebiet von allen vier Himmelsrichtungen
her„ ein ungewohntes buntbewegtes Bild, als zum K oi ท z ใ' 1 v o n Konstanz (1414—18)
geistliche und weltliche Große mit ihrem Gefolge zur Konzilsstadt am untern Bodensee durch
zogen und besonders, als Ende Oktober 1414 über den Arlberg he-r der Gegenpapst Jo
hann XXIII. durch das Land reifte.
Ain Ende dieses 15. Jahrhunderts bezeugte das Stift M e h r e r ด) น seine m ens ch en-
freundliche und patriotische Gesinnung, ind-em es löUf Bitten des Bregenzer
wälder Land!ammanns und Rats die stistischen Besitzungen zu Diepoldsau um 1100 Gulden
verpfändete, um damit die in der Schlacht bei Hard 1499 im Krieg mit den Eidgenossen
(Schwaben- oder Engadinerkriieig) gefangenen «BregenzerWälder auHKulösen.
d) Neuer Aufschwung religiösen Lebens; dessen Ausdruck im Kunstschaffen
Ilnd in der allgemeinen Geisteskultur der Zeit.
Gegen Ausgang und um die Wende des Mittelalters entstanden wie
der n e u e P f a r r e i e n im Lande, indem an den mehr entlegenen Filial
orten die von ihrer Mutterkirche aus gegründeten örtlichen Kaplaneien
mit der Zeit Pfarrliche Selbständigkeit erhielten.
Das ausgehende 15. Jahrhundert stand im Zeichen Werktätigen
religiösen Sinnes sowie auch der Begeisterung für die Zierde
des H a uses Gottes. Dies beweisen einmal die zahlreichen Jahr
tag sstiftun gen, Bruderschastsgründungen usw. aus jener Zeit; anderer
seits aber auch Die lebhafte kirchliche Bautätigkeit, besonders in der Feld
kircher Gegend, im Hinterland und im Inner-Bregenzerwald. Der ro
manische Stil in Kirchen-Ban und -Ausstattung wurde hierzulande
allmählich im Verlauf des 14. Jahrhunderts vom gotischen Stil
abgelöst. Das bedeutendste kirchliche Banwerk romanischen Stils
im Lande war die alte Klosterkirche von M e h r e r a u, die um 1740
einem Neubau Weichen mußte. Sehr alt ist 5)111 § romanische Chor mit dar
über gebautem Turm der Rankweiler St. Peterskirche. Das St.
N i k o la u s k i r ch l e i n im Oberdorf B l u d e s ch mit seinem durchaus
17
gemauerten Turmhelm gehört noch dem Ausgang der romanischen Stil
periode an. In die Zeit des Ueberganges vom romanischen zum gotischen
Stil fallen die massiven Kirchtürme Von Lech und Mittelberg,
Romanisches Vortragskreuz aus Bartholomäberg.
diese kraftvollen Wahrzeichen alter Walserfreiheit. — Von Werken der
romanikcken Plastik iBildhauerkunM haben sich noch u. a. V o r 1 r a chs -
k r e u z e und Darstellungen des K r u z i f i r u s erhalten, so jene von
tankweil, Lu de sch, Bartholomaberg, die dem 12.—13. Jahrhundert an
gehören. — -
Die Gotik, namentlich die Spätgotik des letzten Viertels des
1ö. und des ersten Viertels des 16. Jahrhunderts, ist in zahlreichen Sia-
Kirchengeschichtc. 2
18
tuen und Reliefs vertreten. Die Krone der noch gegen Ausgang des 15.
Jahrhunderts entstandenen kirchlichen Bauwerke ist die Stadtpfarr
kirche von Feldkirch von 1478.10) Von einzigartiger Wirkung ist
das etwas später geschaffene schmiedeiserne Sakramentshäuschen
in dieser Kirche, nunmehrige Kanzel, sowie die silberne Monstranz
von laOG ebendort. — Den Uebergang zum neuen Kunststil der Renais
sance bekundet bereits das tiefempfundene Gemälde des rechten (süd
lichen) Seitenaltares in derselben Kirche: die Beweinung Christi
von Wolfgang Huber, einem gebürtigen Feldkircher und einem der
bedeutendsten Künstler des Landes (1522).
Hand in Hand mit den künstlerischen Leistungen ging seit dem Aus
gang des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit, den das Aufkommen
der hunranistischen Geistesrichtung kennzeichnet, ein bemerkenswerter
geistiger Aufschwung auch in den weiteren Volksschichten. Ragt in
der Geschichte der höheren Geistesbildung in früherer Zeit hierzulande
wie anderwärts mehr der Adel hervor — es sei erinnert an unsere heimat
ländischen Dichter Rudolf von Ems mit seinen vielgelesenen reli
giös und sittlich veredelnden Dichtungen (t um 1254)1) und Hugo von
Montsort-Bregenz, den Minnesänger (t 1423) — so erscheinen
nunmehr Angehörige des bürgerlichen Standes als Träger stärkerer gei
stiger Bestrebungen. Bezeichnend hiefür ist, daß die Stadt Feldkirch
Die älteste Lateinschule des Landes, schon 1416, besaß und um
die Wende des 15. zum 16. Jahrhundert die meisten hervorragenderen
Vertreter auf wissenschaftlichem Gebiete aufzuweisen hatte; unter letz
terem wäre besonders zu nennen der Stzifter der vorerwähnten silbernen
Monstranz von 1506, Hieronymus Münzer, Arzt und Gelehrter.2)
Um jene Zeit machte sich auch ein inlmer stärkeres Zuströmen des bürger
lichen Elementes zu den Hochschulen des Auslandes bemerkbar.
6. Das Zeitalter des großen Glaubensabfalles — Gefahren und Abwehr.
a) Anfätze und Ursachen der Gärung. Aufslammen der neuen Bewegung.
Es kam die Zeit der Glaubensspaltung, der sogenannten Refor
mation. Sie machte sich auch in unserem Lande seit 1524 bemerkbar. Wenn
aber Vorarlberg in der Folge zur Gänze katholisch blieb, während die
Nachbarschaft jenseits des Rheins größtenteils zum neuen Glauben ab
fiel, so ist dieses Gut der Glaubenseinheit und der inneren Ruhe des
Landes hauptsächlich den energischen und doch klugen Maßnahmen der
habsburgischen Regierung zu verdanken.
*) I,, 179; II,, 209. — ’) I., 272, — *) I., 208. — 4) II., 217, 218, — °) II., 213. —
ๆ I., 253. — 7) I., 209. — 8) II,, 236. — ๆ II., 219. — 10) I., 210.
19
„Beweinung Christi"
(Von Wolif Huber, 1522; MtarbM in der Pfarrkirche FMkirch.)
An "Ansätzen und -cm 'gefährlichem Zündstoff Kur neuen Bewegung fehlte es wie ander
wärts auch h'ierzuläinde nicht. Solche Ursachen wiar'en-: die Verarmung des niederen Klerus
zujfolge Pfarveien-JnHorporation (Einverleibung) an Klöster und Stifte Häufung von
Pfründen in einer Ha>nd, HinKudrän'gunig z-um geistlichen Stand seitens unberuifener Ele
mente, Aiangelhaftigkeit der wissenschaftlichen und asketischen A'Usbildrmg des jungen Klerus-
Mißständ'g, die die geistliche Gerichtsbarkeit mit sich brachte. Dies alles förderte den Geist
der Auflehnung igegen die kirchliche Verfassung und bewirkte.ungesunde Neue rungs sticht. In
2*
20
öiester Hinsicht stand es im chnrischen Bist'Uimsant'Lil schl'ümmer als in heim zu Konstanz ge
hörten Unterland. Letzteres unterstand ei'ne-m würdigen, bernfsetfri'gen Bischof, Hugo von
Hohenkan^dleniberg; .ham Eh'Uver Bischof -aiber waren Mjsiolge -der poibitifchen Wirren in seiner
Bischofsstadt lunid 'in Graubünden vielfach die Hände igebundon^ um -eine umfassenide Für
sorge für alle Bistumsbeilbe entlsalten AU können.
Bereits war die gährende Bewegung in der nördlichen Nachbarschaft
des Landes, in Lindau und im Allgau, sowie im linksseitigen Rheiutal,
das sich dem Zwingilianismus angeschlossen, zum Ausbruch gekommen:
da sprang auch auf unsere Gegenden der zündende Funke über und machte
sich zuerst im Oberland, in Bludenz, unheilvoll bemerkbar. Hier trat der
Weltpriester Lutz Matt zuerst mit der neuen Lehre öffentlich auf und
warb Anhänger. Aus den angeführten Gründen erklärt es sich, daß haupt
sächlich niedere Kleriker und Kapläne Träger der neuen Bewegung im
Laüde wurden. Auch hatten mehrere Geistliche an der Universität Witten
berg ihre Studien gemlacht, wo Luther gelehrt und seinen Bruch mit der
Kirche eingeleitet hatte; diese Geistlichen verbreiteten nunmehr, in die
Heimat zurückgekehrt, die dart aufgenommenen Ideen unter ihren Lands
leuten. Auch in Feldkirch machte sich die Neuerung bemerkbar, wo der
dortige Untervogt ebenso wie jener von Bludenz mit der Sektiererei lieb
äugelte. Im Norden des LaUdes drohte der im Jahre 1525 in Oberschwa
ben und in der Bodenseegegend ausgebvochene Bauernaufruhr über die
Grenze herüberzngveisen. Das energische Eingreifen des österreichischen
Vogtes von Bregenz und Bludenz, Merk Sittich von Ems, eines
tapferen und sieggekrönten Haudegens, wußte aber hier die Bewegung,
noch bevor sie zum Ausbruch kam, zu ersticken.
h) Siegreiche Abwehr durch die vereinigte weltliche und geistliche Macht.
Dem eben genannten Vogt Merk Sittich (t 1533), dem besonderen
Vertrauensmann der österreichischen Regievung in Innsbruck, und selbst
dem angestammten Glauben treu ergeben, gelang es, durch kluges und
nötigenfalls auch entschiedenes Vorgehen ein weiteres Ausgreifen der Be
wegung im Lande hintanzuhalten. Sein Nachfolger in der Bregenzer
Vogtei, Ritter Eileleck von Reischach, vordem bei der Türkenbela
gerung Wiens (1529) einer der Hauptverteidiger der Stadt, wandelte
gleichfalls in seinen Fußstapfen. Ebenso zeigte sich in Feldkirch Ritter
u l r i ch v o n Schellenberg, herrschaftlicher Vogt seit 1531, ein eiser
ner Charakter wie Sittich, der schwierigen Lage völlig gewachsen; er war
im Verein mit Dr. Laurenz Mär, Stadtpfarrer dortselbst seit 1533,
erfolgreich für die Erhaltung des alten Glaubens tätig. Die zur neuen
Lehre abgefallenen Geistlichen mußten das Land verlassen und landeten
mehrfach in der größtenteils protestantisch gewordenen Reichsstadt Lindau,
21
Wo einige von ihnen als Prädikanten das dortige neue Kirchenwesen be
gründeten.
Schon 1807 WM die konfessionelle Scheidung zwischen Bregenz und Lindau eine voll
kommene. Das zeigte sich deutlich, als in diesem Jahre die LrMmer den Bregenzern, di«
nach altem Brauch M der Bittwoche ihren Kreuzgang zur Stiftskirche des katholischen Daimen-
sti'ftes in Lindau unternahmen, die Stadttore versperrten, so driß düse unverrichteter Dinge
heimkehllen mußten.
Merk Sittich von Ems zur Hohcnems (t 1533).
In unserem Lande erhielt sich die eingedrungene Irrlehre noch Jahr
zehnte lang im Hinter-Brogenzerwald und im Klostertal und Montafon in
einzelnen Familien. Im Bregenzerwald waren besonders die Mehrer-
a u e r Patres น l r i ch M ö z, Pfarrer und Propst von Lingenau, und
Jakob G r u 0 15, Pfarrer von Jaghaufen-Au, mit Eiser und Erfolg für
die Bewahrung !des Gaubens und die Wiedergewinnung der Abtrüuningen
tätig. Schließlich gelang es dem zielbewußten Z u s a m m e n a r b e i t e n
der geistlichen und weltlichen Obrigkeiten, auch die letzten
Reste des Sektenwesens in unserem Lande zum Verschwinden zu bringen,
wobei ihnen der nüchterne, ordnungsliebende Sinn des Vor
arlberger Stammcharakters und sein Fe st halt e n a m Altherge
brachten immerhin die Arbeit erleichterte.
7. Der hl. Fidelis. Neues Aufblühen kirchlichen und kulturellen Lebens.
Die Glaubensspaltung mit ihren verheerenden Auswirkungen in der
nördlichen und westlichen Nachbarschaft hatte in unserem Lande mit der
Abwehr ihres drohenden Ansturmes zugleich eine Erstarkung des kaholi-
schen Volkssinnes und neuen kulturellen Aufschwung zur segensreichen
Folge. Diese Abwehr- und A u s b a u b e w e g u n g — Gegenreforma
tion geheißen — die in den deutschen Landen Mit dem Konzil von Trient
(1545—63) einsetzte, brachte auch uns schätzbare Hilfskräfte zur Bewahrung
—
23
und Stärkung des Glaubens und kirchlichen Lobens. Die neu entstandenen
Orden der K a p u z i n e r und Jesuiten fanden auch bei uns im 17.
Jahrhundert Eingang. Die Kapuzinerklo st er von Feldkirch (feit
1605), von B r e g en z (seit 1636), von Bludenz (seit 1651), von B e-
za u (seit 1656) arbeiteten verdienstvoll an der Seelsorge des Volkes in
Stadt und Land.
St. Fidelis von Sigmaringen (t 1622).
a) Des hl. Fidelis Bedeutung für unser Land und seine Nachbarschaft.
Um unser Land verdiente Vertreter des Kapuzinerordens.
Der h l. Fideli s, Guardian von Feldkirch, ist der Ruhm des Kapu
zinerordens und unseres Heimatlandes. Fidelis, in der Welt Marcus Roy
genannt, war geboren zu Sigmaringen 1577. Als Doktor der Rechte und
Advokat schon ein musterhaftes Leben sührend, trat er 1611 in den Kapu
zinerorden ein. Segensreich wirkte er an mehreren Orten, so als Guardian
in Rheinfelden bei Basel, in Freiburg in der Schweiz und zuletzt in Feld
kirch. Hier in Feldkirch hatte er sich trotz der kurzen Dauer seiner Amts
führung sosehr um das geistliche und zeitliche Wohl der Bevölkerung ver
dient gemacht, daß man ihn als „Vater des Vaterlandes" pries. Zum
Missionar in Graubünden und Obern der dortigen Mission ernannt, pre
digte er in Malans und Grüsch mit großem Erfolg, so daß viele Refor
mierte zum katholischen Glauben zurückkehrten. Als er am 24. April 1622
in Grüsch und dann im benachbarten Seowis gepredigt hatte, fiel ein
Trupp kalb misch er Bauern, aufgehetzt von ihren Prädikanten (protestan
tischen Predigern) in der Nähe des letzteren Dorfes über chn her nnd
erschlug ihn grausam. Fidelis, der Erstlingsmarthrer des Kapuziner
ordens, wurde 1729 selig und 1746 heilig gesprochen. -Sein Haupt wird
als kostbare Reliquie in der Feldkircher Kapuzinerkirche verehrt.3)
Ein Ordensbruder des hl. Fidelis, p. Stanislaus Saurbeck von
Wueleschingen, wirkte erfolgreich durch seine Predigten in Bregenz und im
Bregenzerwald (t 1647). In Bregenz wurde der dortige Guardian p.
Januarius von Worblingen beim Schwedeneinfall 1647 durch seine
Fürsprache beim schwedischen General Wraugel für einen Großteil der
Bevölkerung und die Klöster der Stadt Retter und Schützer. Dem Orden
gehörte auch an unser Landsmann ''Laurentius von S ch ท ü f i s
(Johann Martin von Schnifis, auch genannt „Mirant"), 1633—1702,
ehemaliger Schauspieler, berühmt als Dichter geistlicher Lieder und erster
Beförderer der Maiandacht: von ihm stammt 'beispielsweise das bekannte
Marienlied: „Wunderschön Prächtige"; er wirkte segensreich in der Seel
sorge und starb 1702 in Konstanz.4) Ein eifriger Prediger und fruchtbarer
Schriftsteller war p. Luzi a ท M a r e u t (Montifontanus), geboren zirka
1632 in Schruns, gestorben 1716 in Bregenz, der erste Biograph seines
Ordensbruders St. Fidelis.
Ein -schöner Zug vwm m-epschenfvöund'l-ichen Wirken der Kapuziner aus späterer Zeit
sei gleich hier noch vermerkt: Im Hungerjnhre 1817 übernahm das Feldkircher Kloster
die Ausbocherei für die Mr'men, deren Zahl täglich- sich auf etwa 2000 belief; die drei Lm'en-
brüder bereiteten in den Nachtstunden aus. gesammelten Knochen, die zu Mehl zerstoßen und
mit Reisj, Kartoffeln usw. vermengt wurden, täglich- eine na-hichafte Supp-e-, iw -dann schon
in aller Frühe von den Beten der umliegenden Ortschasten portionenweise abgeholt wurde.
Bon den Sta'btollmen empfingen im Kloster damals täglich -gegen 900 ihre Portion Suppe. °)
b) Die Jesuiten und ihre erstmalige Niederlassung in Feldkirch.
In Feldkirch entstand 1649 eine Niederlassung der Jesuiten.
Dem durch St. Ignaz von Lopoll-a 1534 -gegründeten Iefniten-Ord-en gehörte -a-uch der
hl. Petrus Canisius (1521—97) an, den man den „zweiten Apostel Deutschlands"
nenrrt. Er hat als ein Werkg-eu-g der Borfehuntz dem weiteren Dordringen des Pr-otestantismus
in Deutschland -und Oesterreich Einhalt geboten -nnd war erfolgreich tätig für die Zuruck
gewinnung der von d-er Kirche Getrenntem Als Berater d-er gerstUchen und weltlichen Großen
und als Verfasser des berühmten, überall verbreiteten Kat-e-chmmu-s hat -er a-u-ch um die Vl-au--
-benserh-altu-ng in unserm- Lande sich- verdi-ent «gemacht.
Aks bemerkenswert darf erwähnt werden, -daß -auch der hl. Franz Taver, der
große H-eidenapostel des Ostens, einst auf einer Durchreise in unser Land gekommen ist. Das
war um das Jahr 1636/37. Von Paris reiste er mit acht Ord-ensg-enoffen, darunter dem sei.
Petrus Faber, über Deutschland und die Schweiz nach Venedig, wo sie wieder mit
ihrem Ordensstifter St. Ignaz zusammentra-fen. Mit diesem zogen sie dann n-ach Rom weiter,
Stadtpfarrkirche Bregenz.
um sich dem Hl. Vater für apostolische Arbeiten zur Verfügung zu stellen- Aus ihrer Hinreise
nach Venedig berührten die neun Eiftlings-Iesuit-en die Stadt Feldkirch -und wcm-d-erien
bann über -den Arlberg und die tief verschneiten Tiroler Pässe weiter nach Süden.
Die Feldkircher Patres lvirkten alsbald nach ihrer Ankunft dahier er
sprießlich durch ihre seelsorgliche Tätigkeit, durch Abhaltung von Volks
Missionen, durch ihre Marianischen Kongregationen und besonders durch
den Betrieb des höheren Schulwesens. Das von ihnen geleitete G y m na
si ท m in F e l d k i r ch erfreute sich großen Zuspruches seitens von Laudes
söhnen und Ausländern. Ihre für Laud und der Diözese segensreiche Tätig
keit nahm leider mit der Aushebung des Jesuitenordens im Jahre 1773
ein Ende.
26
c) Kulturelle Verdienste alter Klöster. Neu entstehende Frauenklöster.
In Feldkirch war das Johanniter-Ritterhaus mit seinem
sämtlichen Besitz im Jahre 1610 käuflich an das schwäbische R e i ch s st i f t
Weingarten OSB. übergegangen, das hier ein Priorat errichtete; 1696
St. Franziskus Xaverius auf dec Durchreise durch Feldkirch 1536.
(Bon R. C. depilier)
kam dieser Klosterbesitz an das gleichfalls schwäbische R e i ch s st i f t
O t t o b e u r e n. Große Berühmtheit erlangte der dortige langjährige
Prior p. Gabriel Bucelin (t 1681) als Verfasser geschichtlicher Werke
und als Kunstfreund.
Das inländische K l o st e r M e h r e r a u hatte im 17. und 18. Jahr
hundert tüchtige Aebt e, unter denen zu nennen sind: der heiligmaßige
Abt P la c i d u s V i g g e l (t 1651), der vertraute Freund des hl. Fidelis,
und der gelehrte Abt Franz P a p p น s v. Tratzberg (t 1753), der Er
27
bauer der neuen Abteikirche. Das Stift brachte auch einige hervorragende
Gelehrte hervor, so die Geschichtsschreiber p. Franz Ransperg
(t 1670) und p. Apronian Hueber (t 1755).
In dieser Periode entstanden hierzulande noch zwei weitere F rau
en k l ö st e r : das Dominikanerinnenkloster in Alt e n st a dt
1591 und das K a p u z i n e r i n n e n k l o st e r St. Anna in Bregenz,
das 1605 gegründet wurde und anfänglich die Tertiarinnenregel hatte.
(1) Ehrengalerie berühmter Vorarlberger geistlichen Standes
vom 16.—18. Jahrhundert.
Unser Land stellte artch einige hohe kirchliche Würdenträger auf aus
wärtige Bischofssitze, so C h r i st o p h M e tz l e r aus Feldkirch, Fürstbischof
von Konstanz (reg. 1548—60), dann Marx Sittich II. von Ems zur
Hohenems, Kardinal und Fürstbischof von Konstanz (reg. 1561—89).
Der Weihbischof des letzteren und eigentlicher Leiter der Diözese war
Jakob Eliner aus Bregenz (gest. 1574). Weihbischof des Augsburger
Fürstbischofs war 1631—44 ein Dr. Sebastian Müller, gebürtig
von Fluh (Trübenbach) bei Bregenz. — Der Neffe des genannten Kardi
nals von Konstanz, Marx Sittich III. von E m s zur Hohenems,
war Fürfterzbifchof von Salzburg (reg. 1612—19); °) bei feiner kraft
vollen Regierung im Bistum leistete ihm der heiligmäßige Kapuziner
pater Silver i n s Meusburger aus Egg-Bregenzerwald (t 1638)
segensreiche Beihilfe. Der Vorgänger Sittichs auf dem Salzburger Bi
schofsstuhl war Wolf Dietrich von Raitnau, geboren auf Burg
Alt-Hofen in Lochau 1559 (reg. 1587 bis 1612). Des Kardinals Marx
Sittich Bruder, Graf Jakob Hannibal von Ems zur Hohenems, war ver
mählt mit der Schwester des h l. Karl Borromäus, Kardinals und
Erzbischofs vor: Mailand, !der im Jahre 1570 auf Burg Ems bei seinen
Verwandten zu Besuch weilte.7) Ehrenvoll zu nennen ist der Weihbischos
von Wien Franz Anton Marxer, gebürtig von Hl. Kreuz-Feld
kirch 1703, gestorben 1775; er war der Begründer des ersten österreichi
schen Waisenhauses in Wien.8)
Unser Land brachte eine ganze Reihe von Aebten hervor, die bedeu
tenden Stiften des Auslandes (Schweiz, Süddoutschland, Jnnerösterreich)
größtenteils rühmlich und segensreich Vorständen. Unter ihnen seien hier
genannt: Georg Wegelin, geboren zu Bregenz 1558; er ist der
größte Prälat des Reichsstiftes Weingarten (reg. 1586—1627); Johann
Eucharius von W o l f u r t, FÄrstabt des Stiftes Kempten (reg.
1616—31); C oelestin Gng g er II. von Staud ach aus Feldkirch,
Fürstabtdes Stiftes St. Gallen, einer der größten Vorsteher dieses
Ttiftes (reg. 1740—67).
— 28 —
Stiftes St. Gallen, einer der größten Prälaten dieses Stiftes (reg. 1740
bis 1767).
Eine stattliche Anzahl von Landessöhnen zeichnete sich sowohl in den
Reihen des W e l t k l e r u s als im O r d e n s st a n d e im Inland und
St. Karl Borromäus (t 1584).
noch mehr im Ausland durch Tugendhaftigkeit und Seelsorgseifer, wissen
schaftliche Leistungen oder karitative Tätigkeit aus; es sei erinnert an
den ehrw. Diener Gottes p. Jakob Rem SJ., geboren zu Bregenz I
1546, gestorben 1618 zu Ingolstadt, den so verdienstvollen Jugendseel
sorget und Marienverehrer, dessen Seligsprechung in absehbarer Zeit zu I
gewärtigen ist; ferner an Johann Josef Gaßner, den berühmten
Exorzisten, weiland Pfarrer in Klösterle, geboren zu Braz 1727 und ge- j
storben als Pfarrer in Pondorf in Niederbayern 1779.
29
p. Jakob Rem ร. J. (t 1618).
e) Die Fürstenmacht für die Erhaltung und Mehrung des Glaubens.
Die planmäßige Gegenreformation im einträchtigen Zusammenwirken
der geistlichen und staatlichen Behörden hatte im Lande ihre Früchte ge
zeitigt und die Grundlage geschaffen, auf der ein hochentwickeltes kultu
relles Leben sich ausbauen sollte. Wie die erzherzogliche Regierung in
Innsbruck getreu den Traditionen des katholischen Hauses Habs
burg durch ihre Vogteistellen im Lande sich die Bewahrung und Festi
gung des Glaubens ihrer Untertanen angelegen sein ließ, so taten dies
auch die übrigen souveränen Landesherren in ihren Herrschaftsgebieten
hierzulande: die G r a f e n von H o h e n e m s, die auch auf ihrem links
rheinischen Territorium im Nachbarland den Abfall vom alten Glauben
hintanhielten; die Grafen von Sulz (aus dem Schwarzwald stam
mend) als Inhaber der freien Reichsherrschaft Blumenegg 1507—1613,
die ebenso auch in ihren Herrschaften Vaduz und Schellenberg die Glau
benseinheit in den Reformationswirren sich erhielten; dann selbstredend
die Für st ä b t e von Weingarten, die 1613 von den Sulzer Grafen
die Herrschaft Blumenegg erworben hatten, sowie die F ü r st ä b t e von
Einsiedeln als Inhaber der seit 1648 reichsfreien Propstei St. Gerold.
30
f) Kraftvolle Aeußerungen religiösen Lebens.
Das rege kirchliche Leben im Lande offenbarte sich in Neugründungen
von Brnderschaften, besonders der in den meisten Pfarren eingeführten
Rosenkranzbruderschaft, in den Zünften und Innungen mit ihren den
gesunden Ständegedanken betonenden und stark religiös durchwehten
Satzungen, in den zahlreichen neuen frommen Stiftungen und besonders
auch in der andauernden Beliebtheit, der sich die Wallfahrten erfreu
ten. Die besuchtesten Wallfahrtsorte waren die drei Marianischen Heilig
tümer R a nkweilft (Bau der Loreto- oder Gnadenkapelle 1657), Bild
stein und Tschag g u n s, sodann St. Arbogast bei Götzis und
schließlich der Geb hards berg ; hier hausten von 1670 bis gegen Ende
des 18. Jahrhuniderts Eremiten oder Waldbrüder und betreuten das an
der Stelle des 1647 durch die Schweden gesprengten Schlosses entstandene
Heiligtum.
Im bermchibarivn 'Ausland war Ginsiede l n schon damals ein bei uns beliebter
WMfahvtsort, wohin «auch igaWe Volks'pllgerfahilit'en unternommen wurden', so wallten iim
Johne 1648 im Juni aus Feldkirch 3'50 Personen mit Kreuz und Fahne dahin WM Dank
diafür^ daß im Vorsahr die Schw-ed-engsfiahr für die Stadl noch gut aibgelaufen war. Ilm Okto
ber 176-6 taten ein Gleiches die N e n z i n g e r, 2'57 an der Fahl, WM Dank für die glückliche
Heiimikchr der Ihrigen von d>er Ausrückunig gegen die Fvcmtzosien ini diiefelm Jahr.
Die P e st z e i t e n, von denen unser Land früher wiederholt heimge
sucht wurde — besonders im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts und in
den 1620 und 30 er Jahren —, brachten auch bei uns einen namhaften
Aufschwung der Verehrung der Pestpatrone St. S e b a st i ist n und R o -
ch น s. Dem hl. Sebastian zu Ehren entstanden oder wurden geweiht eine
ganze Reihe von Kirchen, Kapellen oder Altären.10)
ft IL, 210, 211. — ft II., 200.. — ft II., 225. — ft II., 230. — ft L, 281. — ft II., 304.
ft IIV 2231. — ft IL, 312. — ft L, 203., — 10) 1.1, 194.
g) Neue Blütezeit kirchlicher Kunst. Günstiger Stand der Volksbildung.
Mit dein neugoweckten Glaubenseifer ging auch wieder eine regere
kirchliche Bautätigkeit Hand in Hand. Die damalige Bauperiode fiel,
nachdem die Gotik in Bauten und Bildwerken noch bis tief ins 16. Jahrh,
nachklingt und der Renaissancestil in der kirchlichen Baukunst kaum ver
treten ist, bereits in die Zeit der Herrschaft des B a r o ck st i l e s. ft Es
gereicht unserem Lande zur Ehre, daß gerade von ihm eine neue in der
kirchlichen Baukunst bahnbrechende Richtung ausging, die erst in neuester
Zeit in ihrer Mnstlerischen Bedeutung und hervorragenden Stellung in der
Gesamtkunstgeschichte mehr erkannt und gewürdigt wurde. Sie ist bekannt
unter dem Namen „B r e g e n z e r w ä l d e r B a u s ch u l ๙' oder auch
„Vorarlberger Münsterschema". Wälder Baumeister, zumeist solche aus der
Auer und Bezauer Gegend, wie die Thumb, Beer, Moosbrugger, mit
31
ihnen die Kuen aus Bregenz, haben diesen in der Geschichte des Barocks
bedeutsamen Kirchenbaustil begründet und ausgebildet und in hervor
ragendsten Kirchen- und Kloster,bauten, zunreist Süddeutschlands und der
Schweiz, sich einen ruhmvollen Namen geschafsen. Einer der berühmtesten
wurde der schlichte Laienbruder im Stift Einsiedeln, Kaspar Moos
tz r น gger aus Au, der Baumeister von Kirche und Kloster Einsiedeln und
der Planentwerser für das Weingartner Münster (t 1723). Die bedeuten
deren kirchlichen Bauwerke in unserem Land,, die auf diese Bregenzer
wälder Bauschule zurückgehen, — ihr Erstlingswerk ist die Gnadenkapelle
des Michel Bar (Beer) in Rankweil — find die Bregenzer Pfarrkirche, die
Wallfahrtskirche auf Bildstein und besonders Abteikirche und Kloster
Mehrerau OSB. (um 1740 und um 1780).2)
Auf dem Gebiete der kirchlichen Malere i hierzulande muß in Eh
ren genannt werden der aus Mergentheim in Schwaben gebürtige Meister
Matthäus Zehender, der im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts
Gnadenaltar der Wallfahrtskirche Ranlrveil.
in Bregenz tätig war und in dieser Glanzperiode seines Schaffens eine
llroße Zahl künstlerisch hochwertiger Altarbilder für Kirchen unseres Lan
des und für Klosterkirchen Süddeutschlands malte (f 1697). — Als letzte
Vertreterin der Bildnismalerei dieser Periode und schon mehr in der
32
neuen Stilrichtung des Klassizismus tätig, sei genannt die gefeierte Male
rin An g e l i k a Kauffmanท, aus Schwarzenberg stammend, gestorben
1807 in Rom, die auch mehrere religiöse Bilder, so das Hochaltarbild sür I
die Pfarrkirche ihres Heimatortes schuf.3)
St. Joseph. (MDrs Mt-a-ribM (1*685) von Matth. Zehender m der Kirche Hchelstastchen.)
Für den günstigen Stand der Volksbildung im Lande ist bezeichnend,
daß nicht nur das Jesuiten gymnasium in Feldkirch, das
auch Hochfchutkurse umfaßte, starke Einflüsse höheren Bild'Ungswesens aus-
Phot. F. Vieth.
„13orar(bergia sancta"
(Don ID. Doliuöpcvger ö. J.; Deckengemälde [IDittelstück] in der Pfarrkirche
Hu, Dregenzerwald.
HB
— 33 —
strahlte, sondern das; auch bereits im 17. Jahrhundert mehrere, in der
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts aber schon viele Volksschulen
bestanden. Die Kirche hat hier wie auch anderwärts selbst schon lange vor
der staatlichen SchulgeseHgebung Maria Thevesia's und Josefs II. die all
gemeinen Bildungsinteressen des Volkes wahrgenommen; eine Reihe von
Priestern haben sich schon damals sowohl durch ihre Lehrtätigkeit als auch
durch Schulstiftungen in dieser Hinsicht verdient gemacht-
8. Die Zeit der „Ausklärnng" und „Säkularisation".
Gleichzeitig mit der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf
tretenden unkirchlichen Geiftesrichtung der „Aufklärung" kam auf dem
Gebiete der Untertauenregierung das Prinzip des Staatsabsolutismus,
das ist der Staatsallgewalt, hoch, das den Rechten der Kirche nur zu oft
schweren Abbruch tat. Wegen der vielfach unkirchlichen Gesinnung der Re
gierenden und Staatsoberhäupter begegneten so manche Verfügungen der
selben, selbst solche, die berechtigt und offenkundig nützlich waren, beim
gläubigen und an den alten Gewohnheiten zähe hängenden Volke dem
Mißtrauen und teilweise sogar gewaltsamer Ablehnung. Dies war der
Fall, als in den österreichischen Ländern die Staatsschule eingeführt
werden sollte. In einigen Orten im Lande, so in Sulzberg, Alberschwende
und Lustenau, kam es hiebei sogar zu offenem Widerstand und zu Volks
erhebungen.
a) Widerwillige Aufnahme der staatskirchlichen Reform-Maßnahmen
Kaiser Josefs II. im Lande.
Noch weit mehr aber fanden sich weite Volksschichten hierzulande be
unruhigt und aufgeregt durch die radikalen kirchenpolischen Re-
fo r men Ka i s e r Io s e f s II. (1780—90), die zum Teil schwere Eingriffe
in kirchliche Rechte bedeuteten. Wenn sie auch seitens des Kaisers persönlich
gut gemeint waren, wenn auch manche seit langem eingeschlichene Miß
bräuche dadurch behoben wurden und auch manches in der Folge sich gut
auswirkte, wie zum Beispiel die Gründung oder Vermehrung von Seel-
sorgsstationen im Lande, so trugen doch wieder andere Verordnungen das
Gepräge des überheblichen und freisinnigen Zeitgeistes an sich und ließen
auch mehrfach die gebotene Pietät für das feit Jahrhunderten Gewohnte
und Bewährte vermissen. Das Volk konnte sich damit nicht zurecht finden
und an einzelnen Orten steigerte sich sein Widerstand gegen die kaiserlichen
Erlässe zu gewaltsamem Volksaufruhr, wie in Feldkirch, Rankweil, Sulz,
Götzis und Dornbirn. Besonders hatten es der Bevölkerung angetan die
Verordnungen betrefss Aufhebung der Bruderschaften, der vielen Bitt-
Kirchengeschichte. 3
34
gange und Prozessionen, die Beschränkung und Abwürdigung der zahl
reichen Feiertage, die Schließung von Kapellen und Wallfahrtskirchen, zu
mal jener von St. Arbogast, die allerdings ost kleinlichen Verfügungen ;
über Abhaltung des Gottesdienstes, kirchlichen Benediktionen, Begrab-
Nisse usw.
Peterskirchr und Wallfahrtskirche Rankweil.
Als Ml Rankw-sil die staatlichen Devo-lÄNiUngen den Bestand der dortigen Wall --1
fahrt, der bedeutendsten im Lande, «uf schwevstck bedrohten, gelang es dem dortigen Pfarrer
Ibfef Hannibal Graß (1759—1804) diese Gefahr zu beschwören. Unerschrocken und vom Der-!
trauten des Volkes gestützt, ließ er sich die Fortführung des Gottesdienstes lUinö damit den
Bestand der Wallfahrt angelegen sein; die Regierungsbeamten fanden es schließlich für ge
raten, van weiteren Maßnahmen in dieser Sache und gegen den Pfarrer abzusehen.
Uebrigens wurden die meisten das Gottesdienftwesen betreffender«
mißliebigen Verordnungen des Kaisers nach dessen Tod von seinem Nach
folger Kaiser Leopold II. allgemein wieder aufgehoben.
Im Zuge der von Josef II. geplanten Neuordnung des Kirchen
Wesens in feinen Ländern war auch ein eigenes inländisches Bistum für
Vorarlberg mit dem Sitz in Bregenz vorgesehen. Es wurde dessen Errich
tung im Jahre 1783 durch ein Hofdekret angeordnet und bereits war ein
Bischof für den neuen Sprengel bestimmt. Der Plan kam jedoch wegen des
energischen Widerstandes der ausländischen Diözesanbischöfe, die durch die
Abtrennung der ihnen unterstehenden Diözesanteile sich geschädigt fühlen
— 35 —
mußten, nicht zustande. Als vorteilhaft aber im seelsorglichen Interesse
sollte sich erweisen die im Rahmen des kaiserlichen Reformwerkes vorge
sehene und auch ausgesührte Errichtung von n e น e n Seel s orge
st e ll e n, Lokalkaplan eien und Kuratien, an den entlegeneren Orten im
Lande; die Mittel hiefür wurden aus dem „Religionsfond" beigestellt, der
aus den aufgehobenen kirchlichen Instituten gebildet wurde.
b) Säkularisation oder Klosteraushebung und Wegnahme geistlichen
Herrschastsbesistes 1782—85 und 1802—03.
Mit dem Josefinismns, das ist dem System der staatskirchlichen Maß
nahmen Kaiser Josefs II., ist auch die Erinnerung an so viele Kloster
aufhebungen in Oesterreich verknüpft. Auch hierzulande verfielen in
der Zeit von 1782—85 vier Klöster der staatlichen Auflösung: das Mino
ritenkloster Viktors b er g und die sogenannten beschaulichen Orden
angehörigen Franenllöster Va lduna bei Rankweil, sowie St. Anna
und Thalbach in Bregenz.
Das Jahr 1802/03 brachte als eine Folge der durch die Franzoseu-
kriege verursachten politischen Umwälzung im alten deutschen Reich dort-
Kirche und ehemaliges Kloster St. Viktorsberg.
3*
36
selbst die sogenannte „Säkularisation". Hierdurch wurden sozusagen mit
einem Federstrich die meisten geistlichen Fürstentümer, also vornehmlich
Bistümer, Stifte und Abteien, auf Grund des „Reichsdeputations-Haupt
schlusses" von Regensburg 1802/03, der nicht anders als ein unerhörter
gewaltsamer Rechtsbrnch und verkappter Raubzug bezeichnet werden kann,
Vom Reich aufgehoben und ihr Besitz weltlichen Fürsten zur Entschä
digung für ihren durch Napoleon erlittenen Länderverlust links des Rheins
zugewiesen. In unserem Land wurden von dieser Katastrophe die Reichs
herrschaft Blumenegg des Reichsstiftes Weingarten und die Reichs
propstei St. Gerold des fürstlichen Stiftes Einsiedeln, sowie das Otto-
beuren'sche Priorat St. Johann in Feldkirch betroffen; die beiden er
steren Herrschaften kamen im Herbst 1802 an den protestantischen Prinzen
von Nassau-Oranien und von diesem mittelst Kaufvertrag vom 28. Juni
1804 an Oesterreich, das auch den herrenlos gewordenen Prioratsbesitz
St. Johann übernahm.
Klost-r St. Gerold.
In jenen unntfyiigen Zeiten der FranzosenEriege wurde bias Einsiedler G n a de n -1
bild, das wegen i)'CS Franzoseneinfalls in die Schweiz an seinem Wallfahrtsort nicht mehr I
sicher war, nach Vorarlberg gefluchtet. Es wurde พ่ท Sommer 1798 in bins Kloster St. I
Peter, später nach Tirols, bann nach Lienz int Pustertal und schließlich nach Triest werter ge°
flüchtet; im Spätherbst 1801 kam es wieder nach St. Peter zurück, wo es fast zwei Jahre
verborgen Mübs, bis cs Ende September 1803 wieder feierlich in die Einsiedler Stiftskirche
übertragen wurde.
c) Die Kirchenpolitik der bayrischen Regierung im Lande (1806—14).
Als der Preßburger Friede vom 26. Dezember 1805 Vorarlberg
und Tirol der KroneBayern zusprach, der dann diese Länder bis 1814
untertan waren, begann für diese neuerlich eine Zeit staatlichen Polrzei-1
— 37 —
regimentes in kirchlichen Dingen. Die erste Tat der neuen bayrischen Re
gierung war die A ufh e bung des Benediktinerstistes M e h r e r a u im
Jahre 1806. Diesem altehrwürdigen Stift, das unter Josef II. mit knapper
Not der Auflösung ^entgangen, schlug nun nach mehr als siebenhundertjäh
rigem Bestand die letzte Stunde; 1808 wurden zuerst der Turm und dann
die Abteikirche abgetragen und blieb nur noch das Klostergebäude bestehen.
Die Kirchenpolitik des bayrischen Staatsministers Montgelas kopierte nun
mehr in beiden Ländern die seinerzeitigen Reformpläne Josefs IL, nur
mit noch größerer Härte. Auch jetzt gab es im Lande wieder vereinzelte
Aufruhrversuche wie in Götzis rind Krumbach. Gerade die schweren Miß
griffe und willkürlichen Uebergriffe einer aufgeklärten Beamtenschaft in
kirchlichen Dingen, die die Volksseele am empfindlichsten trafen, Waren mit
eine Hauptursache der Volkserhebung hierzulande wie in Tirol im
R u h m e s j a h r 18 0 9. Unter den Anführern des Volkes in jener Helden
zeit, in den Franzosenkriegen 1796—1809, sind unstreitig die edelsten
da nicht nur durch Heimatliebe, Umsicht und Tapferkeit, sondern auch durch
tiefe Religiosität sich auszeichnend — Johann Josef B atlogg,
Landammann und Schützenhauptmann der Montafoner (t 1800) 4) und
Josef Sigmund N a ch b a น e r, Lehrer in Brederis uni) Rankweiler
Schützenhauptmann (t als Geisel in Ingolstadt 1813).5)
In der Zeit der bayrischen Zwischcnregiernng im Lande gab es be
zeichnenderweise hier, zumal im Oberland, zahlreiche Geistliche, die in
Gesinnung und Tat auf die Rückkehr der geliebten österreichischen Herr
schaft hinarbeiteten und dann dafür auch büßen mußten. Der Klerus des
zum Churer Sprengel gehörigen Landestoiles konnte am wenigsten der
neuen Regierung Vertrauen und Neigung entgegenbringen angesichts des
brutalen Kampfes, den diese gegen ihren rechtmäßigen Oberhirten, den
heldenhaften Churer F ü r st b i s ch o f Karl Rudolf Graf v. B u o l
Schauenstein führte. Dieser konnte und wollte seine kirchlichen Rechte
Nicht preisgeben und seinen inländischen Diözesansprengel nicht, wie ver
langt, abtreten. Daher wurde er vou Bayern als „Volksauswiegler" ge
ächtet. Für die Zeit dieses Konfliktes übte als bischöflicher Stell
vertreter im Lande der Dekan in Altenstadt JohannJosefStey
alle Rechte und Vollmachten arls, die ihm der rechtmäßige Oberhirte ins
geheim übertragen hatte.
Schließlich sah sich Papst Pius VII. im Interesse des Friedens ver
anlaßt, den österreichischen Anteil des Churer Sprengels in Vorarlberg
und Tirol für einstweilen an den Fürstbischof von Brixen zur kirchlichen
Verwaltung zu übergeben. Und so gehörte denn das Oberland von 1808
bis 1815 erstmals und vorübergehend zur Diözese Brixen.
— 38 —
Kirche und Kloster Mehrerau OSB. um 1780,
9. Neuqestaltung der Bistumsverhältnisse 1816—19. Die kirchliche Verwal
tung des Landes in der neuesten Zeit.
Das Bestreben der Angleichung der Diözefangrezen an die Staats
grenzen, das schon den Kaiser Josef II. 1783 geleitet hatte, ließ sich aber
aus Äi-e Dauer nicht mehr hintanhalten. Die vorausgegangenen staatlichen
Umwälzungen und politischen Neugestaltungen, veranlaßt durch die napo
leonischen Kriege und zum Abschluß gebracht durch den Wiener Kongreß
1815, ließen auch eine endgiltige Neuabgrenzung und Neueinteilung der
Diözesen zeitgemäß IInb wünschenswert erscheinen. Dies galt besonders für
unser Land, das als vorgeschobenes Grenzgebiet trotz seiner Kleinheit drei
ausländischen Kirchsprengeln unterstand. So erfolgte denn auf Grund län
gerer Verhandlungen zivischen Kaiser Franz I. von Oesterreich und Papst
Pius VII. gesondert und nacheinander die A b t r e n n u n g d e r i n län
dischen Diözesan anteile von den bisherigen Bistumsverbänden
und deren Zuweisung an die benachbarte inländische DiözeseBrixen;
die Uebergabe des Churer Anteiles geschah 1816, die des Augsburger im
gleichen Jahr, jene des Konstanzer Anteiles 1819.
Die kirchliche Organisierung des aus den abgetretenen Bistumsteilen
gebildeten einheitlichen Verwaltungsgebietes ist der Gegenstand der Bulle
Papst Pius' VII.: „Ex imposito" vom 2. Mai 1818. Der Heilige Stuhl
plante die Errichtung eines eigenen Vorarlbergischen Bistums mit dem
— 39 —
Sitz in Feldkirch; jedoch die Wiener Regierung strebte -aus finanziellen
Gründen von Anfang an nur die Schaffung eines G e n-e r a lV ika
riates in Feldkirch in Unterordnung unter den Brixner Diözesan
bischof an. Und bei dieser Lösung der Vorarlbergischen Bislumsfrage blieb
es im wesentlichen bis in die neueste Zeit. Als e r st e r G e n e r a l v i k a r
mit b i s ch ö f l i ch e m W e i h e ch a r a k t e r wrlrde 1819 der Gubernialrat
Bernard G a l u r a in Innsbruck, ein gebürtiger Breisgauer, bestimmt,
der am 17. März 1820 seinen Einzug in Feldkirch hielt. Nachdem dieser
1829 Fürstbischof von Brixen geworden (als solcher t 1856), stand als
Generalvikar unserm Lande vor Johann Nep. von Tschiderer
aus Bozeu, gestorben als Fürstbischof von Trient 1860 im Ruf der Heilig-
Maria und Iohannes.
(Statuen -ans timer Kr-cuziM-mgsgrmppe, ehemals in Bürs, jetzt im Heimatnmfenm Wnd-enz.)
40
keit; der Seligsprechungsprozeß dieses „ehrwürdigen Dieners Gottes" ist
eingeleitet. Sein zweiter Nachfolger in Feldkirch Dr. Joseph Feßler
von Lochau, also ein Landessohn (geb. 1813), 1862—65, war ein hervor
ragender Gelehrter und Verfasser geschätzter kirchengeschichtlicher und kir
chenrechtlicher Werke; 1865 wurde er znm Bischof von St. Pölten ernannt,
als welcher er 1872 starb. Eine verdienstvolle Tätigkeit entfaltete er als
Sekretär des Vatikanischen Konzils in Rom 1869/70, zu
welchem Vertrauensposten ihn Papst Pius IX. berufen hatte. °)
Als der neunte in der Reihe der Generalvikare trat Bischof Dr. Si
gismund Waitz, unser gegenwärtiger Oberhirte, 1913 dieses Amt an.
In seiner Stellung vollzog sich infolge des Ausgangs des Weltkrieges
und der anschließenden politischen Veränderungen und der Verlegung der
Staatsgrenzen insofern eine Wandlung, als er 1921 vom Papst Bene
dikt XV. zum Apostolischen A d m i n i st r a t o r des österreichisch
verbliebenen Anteils der Diözese Brixen (Vorarlberg, Nord- und Ost
Tirol) ernannt wurde. Zu Ende 1925 ward dieses Gebiet von der Diözese
Brixen völlig getrennt und erhielt der Administrator über dasselbe alle
Rechte und Vollmachten, wie sie einem D i ö z e s a n b i s ch o f zustehen.
Zufolge dem neuestens (Juni 1933) zwischen der österreichischen Bundes
regierung und dem Hl. Stuhl in Rom vereinbarten, bislang aber noch
nicht formell abgeschlossenen Konkordat (gegenseitiger Vertrag) ist die Er-
richttlng einer Diözese Innsbruck geplant, der Vorarlberg als
eigenes G e n e r a l v i k a r i a t zugehören soll.
Unsere derzeitige Dekanatseinteilung geht auf das Jahr 1822
zurück. Die sechs Dekanatsbezirke (untergeordnete Verwalttrngsbezirke mit
einem von den Pfarrern des betreffenden Distriktes gewählten Dekan als
Aufsichts- und Vollzugsorgan des Bischofs) lehnen sich in ihrer räumlichen
Ausdehnung an die heutigen Bezirksgerichte, vormaligen Landgerichte,
an. Die Dekanate sind: Feldkirch, Bregenz, Dornbirn, Bregenzerwald,
Sonnenberg (Bludenz), Montafon.
10. Kirchliches Leben in neuerer und neuester Zeit.
a) Katholische Lebensauffassung im Kamps um die Anerkennung in der
Oeffentlichkeit.
Das Revolutionsjahr 1848 bedeutete auch in kirchenpolitischer Hinsicht
den Beginn einer bemerkenswerteren Tätigkeit der Katholiken in der Oef-
fentlichkeit. Das damals aufkommende System der Parteienbildung, be
zeichnend für den mehr demokratischen Zug der neueren Zeit, kam in der
Folge auch in unserem Lande, besonders auf dem Gebiete der Welt
anschauung, zur Geltung. Der Zeitpunkt einer entschiedenen Stellung
nahme seitens kirchlich gesinnter Kreise war gegeben, als nach dem un
glücklichen Krieg von 1866 in der Monarchie -er Liberalismus -ie
unumschränkte Herrschaft an sich gerissen -ie die kirchlichen Rechte ver
letzenden Staatsgrundgesetze vom 21. Dezember 1867 mit den nachfol
genden Gesetzen schuf und schließlich 1870 das Konkordat vom Jahr 1855
einseitig löste und über Bord warf. Gegen die kirchenfeindlichen Vorstöße
in Reich und Land erhoben sich schon in den 1860er Jahren bei uns
einsichtige und entschiedene Männer, Geistliche wie Laien, die in uner
müdlicher Arbeit mit den Mitteln der Presse, der Volksaufklärung und
Organisation für die kirchlichen Interessen kämpften und die katholische
Weltanschauung auch im öffentlichen Leben zur Geltung zu bringen
suchten. Auf den von ihnen geschaffenen Grundlagen bauten in neuerer
Zeit andere ihnen gleichgesinnte Manner — unter ihnen, um nur diesen
einen zu nennen, der langjährige Landeshauptmann Adolf Rhom
berg (t 1921) — weiter, so daß Vorarlberg bis heute im Rufe eines
ausgesprochen katholischen Landes steht.
b) Neue klösterliche Niederlassungen männlicher Orden.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts setzte in größerem Maße die
Gründung mehrerer klö st erlich er Niederlassungen im Lande
ein, der in der Folge noch weitere Gründungen folgten. 1854 besiedelten
die Zisterzienser der 1841 aufgehobenen Abtei Mettingen im schwei
zerischen Kanton Aargau die verlassenen Räume der alten M e h r e r a u,
und errichteten darin eine Schule und Erziehungsanstalt. 1856 eröffneten
die Jesuiten, von Freiburg, Schweiz, vertrieben, in Feldkirch ein
Kolleg. Der Orden war 1814 von Papst Pius VII. wieder hergestellt wor
den. Durch die mit dem Kolleg verbundene Studienanstall der Patres
wurde Feldkirch im weilen Ausland bekannl und berühmt. Von 1856 bis
1868 betreuten sie das staatliche Gymnasium in der Stadt. Nachdem ihnen
dieses 1868 zufolge der damaligen liberalen Umtriebe entzogen worden,
führten sie ihre Studienanstalt im Kolleg bis auf den heutigen Tag weiter.
— 1896 entstand in Tisis eine zweite Niederlassung der Jesuiten, nämlich
ein N o v i z i a 1 s - u n d Exerzitienhaus. Reicher Segen für Jn-
und Ausland ist seitdem von diesem Hause ausgegangen. Auch unser gegen
wärtiger Heiliger Vater, damals noch einfacher Priester, hat hier dreinial
in den Jahren vor dem Kriegsausbruch (1908, —10, —12) den geistlichen
Uebungen obgelegen. — Von größtem Einfluß für die Durchdringung des
Volkes mit katholischem Geist sollte die Gründung des katholischen Leh
rerseminars in Tisis-Feldkirch unter Leitung der Schnlbrüder 1888
werden. — Die Kapuziner besitzen heute außer den vier alten Klöstern
ein 1844 gegründetes Hospiz aus dem Gallenstein bei Schruns, der seit
dem 18. Jahrhundert als Wallfahrtsstätte „Kalvarienberg" viel begangen
42
St. Nikolaus-Kirche in Zitz -Bludesch.
war, und seit 1894 ein Kloster in Dornbirn. — 1881 bis 1915 bestand in
H a s e l st a น d e n ein Kloster der R e d e m p t o r i st e ท, die sich besonders
mit Abhaltung von Volksmissionen befaßten. — Seit 1893 besteht in
Hörbranz-Lochau ein großes Kolleg mit Studienanstalt der Patres
S a l v a t o r i a n e r. — In: Jahre 1906 fanden in B r e g e n z am histo
rischen Standort der einstigen Kolumbansiedlung die aus ihrem Kloster
Maria-Stein bei Basel seit 1875 verbannten Benediktiner nach
mehreren Zwischensiedlungen (ilt Frankreich nächst der Schweizergrenze
und in Salzburg) endlich eine dauernde Heimstätte und erbauten die schöne
Abteikirche des St. Gallusstjftes. — 1919 entstand in Feldkirch das
43
Laveriushaus, eine Niederlassung der Missio n ä r e v o m
Blut; das Haus beherbergt ein Studentenkonvikt sür den
k o st b a r e n
Ordensnach
wuchs und ist Sitz des Provinzialobern der deutschen Provinz. — Seit
Herbst 1928 ist die Knaben-Erziehungs- und Waisenanstalt auf I a g d -
berg den Patres Salesianern der österreichisch- deutschen Provinz
übergeben.
Ehemalige Kapelle 1t nb Schlößchen (Surrn) in Oberdorf-Dornbirn.
e) Neue klösterliche Niederlassungen weiblicher Orden.
Auch von weiblichen Orden entstanden hierzulande seit Mitte
des vorigen Jahrhunderts neue Niederlassungen. Auf dem alten Schlöß
chen Riedenburg bei Bregenz wurde 1854 ein Kloster und Institut der
Frauen vom hlst. Herzen Jesn von Kienzheim im Elsaß aus ge
gründet. Die Stifterin des Ordens, Magdalena Sophie Barat,
1925 heilig gesprochen, weilte im Jahre 1856 persönlich auf Riedenburg.
Auf dem alten Edelfitz G w iggen bei Hohenweiler ließen sich 1856
schweizerische Z ist e r zle n se r inne ท, die aus ihren Klöstern im Kan
ton DHurgau Vertrieben worden, nieder und wurde Gwiggen eine Frauen-
abtei, „Maria Stern" genannt. — Im Jahre 1878 kamen Dominika-
ท e r i n n e n des 3. Ordens aus Baden nach Laut e rach; das hier ent
standene Klöfterchen war ein Ableger des 1867 aufgehobenen Klosters
Adelhausen in Freiburg i. B. 1904 erfolgte die Verlegung des Lauteracher
44
Klosters nach Bregenz, wo die Frauen auf Marienberg ein Mädchen
Institut mit regem Schulbetrieb, auch einem Realgymnasium für Mädchen,
unterhalten. — Das vormalige Kloster in Lauterach besiedelten im
gleichen Jahr 1904 Redemptor ist innen aus Wien und Salzburg.
— Ein Mifsionskloster ist das in G aißau 1904 begründete St. Josephs
Haus der Franziskaner M i s s i o n s s ch w e st e r n vom Mutterhaus
Eartagena (Columbien, Südamerika). — Eine segensreiche Tätigkeit in
Schulen, Armenhäusern und Spitälern geht von den heute am weitesten
verbreiteten Niederlassungen des Institutes der Barmherzigen
Schwestern aus den Mutterhäusern Zams und Innsbruck, sowie von
den Filialen der Kongregation der K r e u z s ch w e st e r n, Provinzhaus
Hall i. T., aus. Die erste Niederlassung der Barmherzigen Schwestern von
Innsbruck ivar 1837 in Bregenz (Spital). Sehr geschätzt sind die großen
Anstalten der Kreuzschwestern in Feldkirch: das S t. Josephs - In st i -
tut mit Mädchenschulen und das St. A ท t o ท i น s h a u s als Haushal
tungsschule und Exerzitienhaus für Jungfrauen und Frauen; der gleichen
Bestimmung wie das Antoniushaus dienen das Marienheim der
Barmherzigen Schwestern (Mutterhaus Innsbruck) in A n d elsbuch,
sowie das Kloster der Dominikanerinnen 3. Ordens in Gaue ท
st e i ท, Mutterhaus Ila n z, Schweiz; gegründet 1886, wurde es 1929'30
wesentlich erweitert und heißt nunmehr „Maria Rast". — Seit einigen
Jahren ivirken an verschiedenen Orten des Landes Schwestern von der
Anbetung des kostbaren Blutes vom Mutterhaus Gutenberg
in Liechtenstein; ihr Hauptsitz im Lande ist das Herz Jesn-Heim in R a n k-
rn e i l; ihre Nicderlassiing hierselbst geht auf das Jahr 1907 zurück. —
Nächst dem Salvatorkolleg in L o ch a u - H o r b r a nz wurde 1916 auch
eine Niederlassung von S a l v a t o r i a n e r i n n en oder S ch w e st e r n
vom Göttlichen Heiland errichtet. — Seit 1930 wirken in Dorn
birn einige Ursuline ท aus dem Kloster Innsbruck und erstreckt sich
ihre Tätigkeit auf die Führung von Haushaltungsschule, Kindergarten
und Kinderhort.
•1) Ausgestaltung der Seelsorge. Neuer Eifer für die Zierde des
Hauses Gottes.
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden mehrere bisherige E r -
Posituren zu selbständigen P s a r r e ท erhoben. Die Pfarreien
im Lande werden von Weltpriestern betreut mit Ausnahme einiger
Psarrstellen im Inner land, die seit alters dem Stift Einsiedeln
einverleibt sind (St. Gerold, Blons, Schilifts, Tülls, Nüziders). Die Zahl
der Pfarreien im Lande beträgt derzeit (1933) 110, die der Erposituren 16,
Weltpriester wirken im ganzen 213, Ordenspriester 169, die Zahl der
Katholiken hierzulande beläuft sich auf rund 140.000. — Kirchenneubauten
45
oder Erweiterungen an mehreren Orten, sowie zahlreiche Restaurierungen
von Kirchen und Kapellen bekunden den frommen Sinn und Eifer des
Volkes für den Bestand und die Zierde des Hauses Gottes. Bemerkens
wert ist, daß zu Ehren der 1897 gestorbenen und 1925 heilig gesprochenen
Theresia vom Kinde Jesu in den letzten Jahren mehrere Ka
pellen im Lande entstanden sind: Amerlügen (Frastanz), Langen am
Arlberg, Pfänder, Hernlannsberg (Sulzberg), Ratzen (Schwarzenberg).
Auf dem Gebiete der religiösen bildenden Kunst, insbesondere der
M a l e r e i, haben sich im abgelauseuen Jahrhundert mehrere Landes
söhne auch in weiteren Kreisen durch ihre Werke einen Namen gemacht;
es seien hier genannt Gebhard Flatz aus Wolsurt (t 1881),T) sein Schüler
Iakob Fink aus Schwarzenberg (t 1846), Liberat Hundertpfund aus
Bregenz (f 1878), Josef Bucher aus Feldkirch (t 1883), der aus Au,
Bregenzerwald, stammende Martin v. Feuerstein (t 1931), Josef Huber
aus Feldkirch (t 1932).
e) Durch Gelehrsamkeit oder seelsorglich-karitatives Wirken berühmte
Priester des Landes.
Die Geistlichkeit unseres Landes weist mehrere Vertreter auf, deren
Namen in der Gelehrtenwelt mit Achtung genannt werden. Es seien hier
folgende erwähnt: der als Mathematik-Professor und Verfasser gelehrter
Schriften dieses Faches berühmte Priester Johann Konrad Blank,
der 1757 zu Sulzberg geboren war und 1827 zu Wien dem Mordstahl
eines seiner früheren Schülers zum Opfer fiel. — Sodann p. Johann
Georg Hagen SJ., geboren in Bregenz, gestorben 1930 in Rom, ein
Gelehrter von internationalem Ansehen und von 1890 bis zu seinem Tode
Direktor der vatikanischen Sternwarte in Rom. — Durch ihre geschicht
lichen Forschungen machten sich um das Vaterland verdient: Bene-
fiziat Franz Josef Weizenegger, der Begründer unserer heimat
ländischen Geschichtsschreibung, geboren zu Bregenz 1784, gestorben eben
da 1822; Dr. Jodok Stütz, Propst und Abt des Auguftiner-Chor-
herrenstiftes St. Florian, Oberösterreich, Reichs-Historiograph und Er
forscher oberösterreichischer Geschichte, geboren 1799 zu Bezau, gestorben
1872 in Hof-Gastein; Pfarrer Josef G r a b h e r r, Verfasser gründlicher
heimatgeschichtlicher Werke, die zumeist das Vorarlberger Jnnerland be
handeln, geboren 1856 zu Lustenau, gestorben 1921 zu Satteins. — Eine
stattliche Reihe von in der Seelsorge tätigen Weltpriestern hat sich im 19.
und 20. Jahrhundert um die Erforschung oder Aufzeichnung der Lokal
geschichte ihrer Wirkungsorte verdient gemacht und damit die Heimat
kunde wirksam gefördert.
Besonders aber hat sich durch seelsorgliches und karitatives Wirken
eine ganze Reihe von Geistlichen unseres Landes verdient und berühmt
Bischof Franz Josef Rudigier von Linz (■;• 1884).
(Nach öeint Porträt im ßaniiieamlu'feäm. — M. G. des นnitocrfrtröiisiü'Crlcigeร Wagner-Innsbruck.)
gemacht. Nur auf einige markante Gestalten ans dieser Gruppe, sei es,
daß sie im Lande selbst oder außerhalb desselben gewirkt haben, kann im
enge» Rahmen dieser Darstellung hingewiesen iverden. — Allen voran
steht die überragende Persönlichkeit des großen B e k e n n e r b i s ch o s s
von Linz, Franz I o s e f R u d i g i e r. Er war geboren 1811 zu Par-1
thenen im Montafons als Hofkaplan in Wien war er zeitweilig Religions
lehrer des Kaifers Franz Josef I. und des Kaisers Max von Mexiko; mit
seinem Landsmann und Freund Dr. Josef Feßler und dem nach
maligen Brixner Fürstbischof Vinzenz Gasse r, die beide gleichzeitig
mit ihm am Priesterseminar in Brixen tätig waren, bildet er das leuch
tende Dreigestirn der Diözese; 1853 zum Bischof von Linz ernannt, be- I
währte er sich als energischer Verteidiger der kirchlichen Rechte gegenüber
kirchenfeindlichen Verfassungsgesetzen. Sein Hirtenbrief über Schule und
47
Ehe 1868 trug ihm seitens eines liberalen Beamtentums einen gehässigen
Preßprozeß und Verurteilung zu Gefängnisstrafe ein, die jedoch vom
Kaiser umgehend im Gnadenweg erlassen wurde; 1862 begann er den
Bau des Mariä -Em p sättign is-Doms in Linz. Seine musterhafte, zeitgemäß
eingestellte Regierung der Diözese, soivie fein hervorragendes Tugend
leben erwirkten für diesen „ehrwürdigen Diener Gottes", der 1884 im
Ruf der Heiligkeit starb, die Einleitung des Seligsprechungsprozesses
1905 8)
Bischof Rudigiers älterer Bruder Josef (I 1881), gewesener Pfarrer
von Schruns und von Bürs, wurde 1866 noch als Greis von 69 Jahren
erster Schriftleiter des 1866 von Pfarrer Thomas Am m a nn gegrün
deten Vorarlberger V o l k s b l a t t e s. — Dieses Pfarrers Ammann
Freund JosefAnton I o chu m, geboren zu Fontanella 1799, gestor
ben als Pfarrer von Satteins 1872, gründete 1860 mit Ammann und
anderen gleichgesinnten Mitbrüdern die W o h l t ä t i g k e i 1 s a n st a l t
Valduna. — In der neueren Missionsgefchichte der Kirche glänzt der
Name des Trappistenabtes Franz Pfänner. Dieser, 1825 zu Langen
bei Bregenz geboren, gründete 1869 die Abtei Mariastern bei Banja
luka iit Bosnien; 1882 rief er mit unsäglichen Mühen die Missionsanstalt
M a r i a n n h i l l in Natal (Südafrika) ins Leben, die ein Mittelpunkt
für das Bekehrungswerk der Koffern und die Zivilisation in Südafrika
werden sollte; dieser tatkräftige, weitausfchauende Missionar starb 1919 in
Marianuhill. °) — Io h a n n B. W e h i n ger, geboren 1864 zu Hasel
standen, gestorben 1903, wurde ein Apostel der Aussätzigen und begründete
zuletzt für diese im fernen Mandaley, der Hauptstadt von Ober-Birma int
fernen Ostasien, ein großartiges Spital; er wurde unzähligen dieser Aerm-
sten ein Helfer und Tröster für Leib und Seele.10) — Noch unvergessen im
Lande als einstiger Seelsorger in mehreren Gemeinden und hochverdient
durch seine spätere apostolische Tätigkeit in Linz und in Natal ist Ema
nuel Z i m m e r m a ท n, geboren 1844 in Feldkirch, gestorben in Süd
afrika 1903. — Des -gleichen ehrenvollen Andenkens erfreut sich der unver
geßliche „Pfarrer von St. Peter" (Rankweil), Augustin Gau, geb.
1832 in Feldkirch und gestorben 1913 in Rankweil, in weitesten Kreisen
beliebt und angesehen als Freund der Kinder rind der Armen, als erfah
rener Seelenführer und heiligmäßiger Priester. — Auch heute noch sind
Vorarlberger Landsleute, zum Teil in leitenden Stellungen, in den über
seeischen Missionen mit Erfolg tätig, wie auch auf einem anderen nro-
dernen Misfionsboden, nämlich in der Großstadtseelsorge Wien, seit 1932
drei Vorarlberger Priester zusammen am Seelenheil religiös Verwahr
loster arbeiten. — Im Lande selbst ist der Bestand neuerer segensreich
ft II., 231. — ft IL, 232. — ft I,, 2,77; II , 29Ö. — ft I,, 243. — ft IL, 2371, 239. —
°) IL, 309. — ft IL, 271. — ft IL, 309, — ft II, 354. — 'ft IL, 348.
48
Wirkender Klöster und Anstalten einem schlichten Priester, dem noch unter
uns lebeuden Pfarrer i. R. Dr. Josef H äusle in Feldkirch, zu einem
guten Teil zu verdanken. Seine Gründungen sind die Kreuzschwestern-
niederlassungen in Feldkirch; auf seine Anregungen und wesentliche Vor-
und Mitarbeit gehen zurück das Lehrerseminar in Feldkirch und das
Exerzitienhaus in Tisis, das Salvotorianerkloster in Lochau und das
Gallusstift in Bregenz. —
Unter Führung des Landesbischofes Dr. Sigismund Waitz,
der ob seiner wissenschaftlichen, organisatorischen, sozialen und karitativen
Tätigkeit auch im Ausland hochgeschätzt wird, arbeitet der Landesklerus
in der Seelsorge und auf deren Hilfsgebieten, wobei er auch nach Tunlich
keit von der Ordensgeistlichkeit unterstützt wird; den geänderten Zeitbe-
Äürfnissen entsprechend hat die Seelsorge auch bei uns schon längst die
nötige moderne Einstellung gefunden und ein reges katholisches Vereins
leben geht an allen größeren Orten Hand in Hand mit der eigentlichen
kirchlichen Betreuung. Möge das Laienapostolat und die vom Hei
ligen Vater gewünschte Katholische Aktion auch fernerhin und in
noch höherem Maße die Arbeit der Geistlichkeit für Wahrung der höchsten
Güter des Volkes und Landes unterstützen!
Berufene Fachleute geistlichen und weltlichen Standes beurteilen die Arbeit wie folgt:
f)0d)rr>. Herr Dekan ส. Endec, Feldkirch:
Endlich ist dem längst empfundenen Mangel eines kurzen Abrisses der Kirchengeschichte Vorarlbergs abge
holfen. H.H. Kirchenarchivar Dr. Andreas Ulmer, der hiezu gewiß berufenste Autor, schenkt unseren Schulen
in seinen Grundzügen der Kirchengeschichte Vorarlbergs ein vortreffliches Lehr- und Lernmittel. Dieses Werk
lein von nur 48 Oktavseiten, reich bebildert, herausgegeben vom Katechetenverein des Landes und von der
Vorarlberger Verlagsanstalt Dornbirn hübsch ausgestattet, stellt sozusagen die Quintessenz der Kirchengeschichte
Vorarlbergs vom Frührot des Christentums bis in die Gegenwart dar. In zehn Abschnitten wird der Stoff
von mehr als anderthalbtausend Jahren katholisch-kirchlichen Lehrens, Lebens und Schaffens unseres Volkes in
übersichtlicher Gliederung, knapper Form und volkstümlicher Sprache dargeboten. Die präzisen Ein- und Unter
abteilungen lassen sich bei etwas erweitertem Studium der einschlägigen Literatur sehr leicht zu Vereinsvor
trägen oder Lehreinheiten und Stundenbildern ausarbeiten. Das Werklein kann deshalb nicht bloß als Beleh-
rungs- und Erbauungsmittel für katholische Familien, sondern auch als Lehr- und Lernbehelf für Kirche und
Schule aufs beste einpfohlen werden.
Msgr. p. Düringer, vludenz-Nöns:
Grundzüge der Kirchengeschichte Vorarlbergs von Dr. Andreas Ulmer, 48 Seiten, im Formate der „Alemania",
mit zwei Vollbildern und 25 weiteren Abbildungen im Texte; soeben erschienen. Der Vorarlberger Katecheten
verein (Obmann H. H. Pfarrer Reichart in Fluh) hat sicher Dank und Anerkennung dafür verdient, daß er die
von H. H. Kirchenarchivar Dr. Ulmer verfaßte kurze Kirchengeschichte Vorarlbergs in Druck gegeben hat. In
zehn Abschnitten wird von dem vorzüglichen Kenner der heimatlichen Geschichte Dr. Ulmer sowohl die Früh
zeil des katholischen Christentums in unserem Lande wie die Missionierung vom 7. bis zum 9. Jahrhundert
behandelt. Rach der ersten Blütezeit im Mittelalter folgte die düstere Zeit der Glaubensspaltung aber auch
deren erfolgreiche Abwehr; hernach zeigt sich uns wieder reich aufblühendes, religiöses Leben, dem die Periode