Pilgertreffpunkt Bregenz 30 In Bregenz gab es im Mittelalter ein „Seel- haus“, eine Art Hospiz, in dem „arm ellend Lüte und Bilgrin“ Unterkunft bekommen konnten1. Wie in Lindau trafen sich auch hier Pilger, die aus dem Südwesten Deutschlands durch das Rheintal nach Rom oder ins Heilige Land unterwegs waren oder von dort zurückkehrten. Für die meisten Wallfahrer war Bregenz Etappenort auf dem Weg nach Einsiedeln. Dazu gesell- ten sich Pilger, die auf dem gleichen Weg noch weiter bis nach Santiago de Compos- tela zogen. Die Pilger nach Einsiedeln kamen auf verschiedenen Wegen zum Bodensee. Die einen g ingen auf dem so genannten Sch wa- benweg von Ulm und Ravensburg nach Meersburg, fuhren mit dem Sch iff nach Konstanz und wanderten über Fischingen – Rapperswil2. Hörnli – Andere zogen vom Hochrhein auf der Route Waldshut – Baden – Zü rich – Richterswil. Im Oberallgäu trafen sich Einsiedler Pilger, die auf verschiede- nen Wegen von Augsburg, München, Pas- sau und Salzburg her kamen und solche, die vom Inntal auf der Salzstraße über den Fernpass zum Bodensee wanderten. Späte- stens im früher vorarlbergischen Scheidegg hatte man sich zu entscheiden, ob man den Weiterweg über Lindau oder über Bregenz wäh lte. Im Mittelalter wurde oft der S eeweg bevorzugt3. von Lindau nach Rorschach Von dort wanderte man meistens über St. Ga llen und Herisau nach Wattwil und über den Ricken zum Zürichsee. Auch von Bre- genz aus fuhren manche mit dem Schiff nach Rorschach. Wer die Wallfahrt lie ber zu Fuß fortsetzen wollte, sei es aus Kosten- oder Sicherheitsgründen oder wegen des wallfahrt, grundsätzlichen Bekenntnisses zur Fuß- konnte in Richtung St. Gallen auch die Verbindung durch das Rheintal und das Appenzellerland wäh len. St. Gal len war im Spätmittelalter wegen des bekann- ten Gnadenbildes „Unsere Liebe Frau im Gatter“ ein bedeutsames Zwisch enz iel. Die- se im dortigen Münster befindliche und durch ein Gitter („Gatter“) vor Beschädi- gungen geschützte Marienstatue wurde aber 1529 im Bildersturm der Reformation zerschlagen“4. „schendlichst umbracht und Durch die Reformation entstand im Bodenseeraum ein kon fessio ne lles Mosaik, das in den Zeiten der religiösen Intoleranz viele Wallfahrer veranlasste, vorsichtshal- ber Wege durch nicht protestantisch gewordene Orte zu wählen. So wurde das katholisch gebliebene Bregenz als Etap- Der Bregenzer Pilgerweg penort oft mehr geschätzt als das evange- HELMUT TIEFENTHALER nach Einsiedeln Pilgerkritzeleien aus dem 17. Jahrhundert in der St. Michaels-Kapelle der Bregenzer Pfarrkirche St. G allus.