GESCHICHTE UND FUNKTION DER VORARLBERGER LANDESBIBLIOTHEK
Hieronymus Münzer? und des Michael Hummelberg®. Kleine
Reste sind noch in Feldkirch verblieben, sie können jedoch
nicht über die großen Verluste hinwegtäuschen. Der Groß-
Thomas ‘ Am 1. September 1977 wurde der Gründung einer univer- teil der Inkunabeln und Alten Drucke dieser Zeit ist heute
Deren sell ausgerichteten Landesbibliothek zugestimmt, womit entweder verschollen oder auf viele auswärtige Standorte
das jahrzehntelange Ringen um eine selbständige Ein- verteilt. Weiters fielen zahlreiche Bibliotheken den Kloster-
richtung zu Ende gegangen war. Das Land Vorarlberg er- aufhebungen zum Opfer. Das wohl spektakulärste Beispiel
hielt somit mit großer Verspätung eine eigene Landesbiblio- ist das Kloster Mehrerau, wo unter der bayerischen Herr-
thek, ganz im Gegensatz zum restlichen Österreich, das schaft die Bücherverbrennung als großes Volksfest gefeiert
bereits unter Maria Theresia mit einem dichten Netz an lei- wurde. Aus dieser wertvollen Klosterbibliothek konnten al-
stungsfähigen Bibliotheken überzogen wurde. Das erste lerdings geringe Teile, die sich heute in der Vorarlberger
Handbuch für österreichische Universitäts- und Studienbi- Landesbibliothek befinden, gerettet werden. Besonders
bliotheken nennt 1883 für die westliche Reichshälfte Öster- schwerwiegend war der Verlust der Bibliotheca Emsiana.
reichs bereits Linz, Klagenfurt, Salzburg, Olmütz und Görz die noch im 18. Jahrhundert vor allem Handschriften un-
als Standorte für Studienbibliotheken.' Diese hatten die schätzbaren Wertes enthielt. So etwa eine Handschrift des
Aufgabe, das weitmaschige Netz der Universitätsbibliothe- Schwabenspiegels, die Handschriften A und C des Nibelun-
ken zu verstärken. Vorarlberg, das politisch nicht über den genliedes und die Handschrift A des Barlaam und Josaphat
notwendigen Status als Kronland verfügte, kam nicht in den des Rudolph von Ems. Die Reste der Emsiana befinden
Genuß einer Bibliotheksgründung. Als Folge dieses Man- sich heute noch im Gräflichen Palast in Hohenems sowie in
gels gingen im 18. und 19. Jahrhundert wertvolle Buch- der Vorarlberger Landesbibliothek.* Diese gravierenden Ver-
Jnd Handschriftenbestände verloren oder wurden außer luste bewegten 1823 Franz Xaver Seewald, Patrimonialrich-
Landes geschafft. Zu den schwerwiegendsten Verlusten ter in Lustenau, die Gründung eines Vorarlberaer Landes-
dieser Art zählen die Humanistenbibliotheken des
museums vorzuschlagen. Nach seinen Vorstellungen hätte