HISTORISCHE BESTÄNDE DER VORARLBERGER LANDESBIBLIOTHEK
Wolfgang
Scheffknecht
Lustenau
und Norbert
Schnetzer
Rankweil
Angesichts der zum Teil überaus bedeutenden Bücher- rol gehörte und damit kein eigenständiges Kronland war,
sammlungen, die sich bereits im Mittelalter bzw. in der leer aus. Das Fehlen einer zentralen Sammelstelle wirkte
frühen Neuzeit in Vorarlberg befanden, sind die bei der sich besonders bei den in dieser Zeit stattgefundenen Auf-
Gründung der Vorarlberger Landesbibliothek (VLB) im Jahre hebungen von Klöstern negativ aus. Solcherart freigewor-
‘977 übernommenen historischen Schriften als eher be- dene Buchsammlungen blieben nicht im Lande, sondern
scheiden zu bezeichnen. Wirft man einen Blick auf die Bi- wurden - wenn man sie nicht gar der Vernichtung preisgab,
bliotheksgeschichte Vorarlbergs, so ist dies jedoch nicht wie etwa der überwiegende Teil der großartigen Bibliothek
weiter verwunderlich. Wie anderswo waren auch bei uns der Mehrerau® - verkauft oder von anderen Institutionen
Klöster, andere kirchliche Organisationen, Privatpersonen übernommen, in erster Linie von den Universitätsbibliothe-
und vor allem Adelige um Bewahrung und Sammlung von ken in Innsbruck und Freiburg im Breisgau sowie von der
Schriftgut bemüht. Namentlich hervorzuheben sind dabei Hofbibliothek in Wien, der heutigen Österreichischen Natio-
die Benediktinerabtei in der Mehrerau, die Klöster St. Anna nalbibliothek.7
und Thalbach in Bregenz, das Minoritenkloster Viktorsberg Daß überhaupt eine buchgeschichtliche Sammlung in Vor-
sowie das Jesuitengymnasium in Feldkirch.2? Besonders arlberg vorhanden ist, verdanken wir den Vorarbeiten des
wertvolle Literaturschätze beherbergten die von Graf Jakob seit 1857 bestehenden Vorarlberger Landesmuseumsver-
Hannibal I. von Hohenems gegründete und von seinem eins und des Vorarlberger Landesarchivs, das sich seit sei-
Sohn Kaspar ausgebaute Schloßbibliothek® und die Huma- ner Gründung im Jahre 1898 intensiv um die “Konsolidie-
nistenbibliotheken des Hieronymus Münzer* oder des Mich- rung und zielführende Pflege des wissenschaftlichen
ael sowie Vater und Sohn Gabriel Hummelberg aus Feld- Büchereiwesens”® kümmerte. Nur so war es möglich, daß
kirch.$ Als im Zuge der Reformpolitik Maria Theresias und die VLB bei ihrer Neugründung im Jahre 1977 mehr als 30
Josephs Il. jedes Kronland eine eigene wissenschaftliche Inkunabeln, eine ansehnliche Sammlung alter Vorarlberger
Bibliothek erhalten sollte, ging Vorarlberg, da es verwal- Drucke - unter ihnen die Emser Chronik, das erste in Vorarl-
tungsmäßig zu Vorderösterreich und ab 1782 wieder zu Ti- berg gedruckte Buch® - sowie rund 100 Bände aus der