Wieder schlitterte Europa und die Welt in einen mörderischen Krieg. Insgesamt 113 Dorener mußten zum
Heer, zur Luftwaffe und zur Marine einrücken. 28 Burschen und Männer starben den Soldatentod. Als letz-
tes Aufgebot wurden zusätzlich noch 40, meist ältere Männer im sogenannten Volkssturm ausgebildet. Sie
konnten in den letzten Kriegstagen aber einem Einsatz entgehen. Ein Großteil der Soldaten diente bei den
Gebirgsjägerregimentern in Nordfinnland/Karelien, bei Leningrad, im Mittelabschnitt, im Kaukasus, in
Griechenland und in Italien. Andere in Einheiten an der Westfront, in Afrika, Jugoslawien und ganz Mit-
teleuropa. Bei einem Fliegerangriff auf Feldkirch wurde ein erst vierzehnjähriges, hoffnungsvolles Mädchen
aus Doren zusammen mit 45 anderen Schülerinnen der Lehrerbildungsanstalt tödlich getroffen. Eine zweite
LBA-Schülerin aus unserem Ort kam nach einer Verschüttung mit dem Schock davon.
1945 wurde der Krieg beendet. Für unsere Heimat glücklicherweise von westlichen Truppen. Wie die
.Befreiung" im Osten erfolgte, sahen die Dorener am Weißen Sonntag. Eine LKW-Kolonne der Wehrmacht
fuhr durch den Ort. Auf den Ladeflächen saßen jedoch keine Soldaten, sondern verängstigte Wiener Kinder,
die im letzten Moment von der heranrückenden Roten Armee evakuiert worden waren und auf unsere Fami-
lien aufgeteilt wurden. Natürlich beherrschte die Sorge um die Soldaten, von denen man meist nichts mehr
hörte, sowie die Trauer für die Gefallenen die Gemüter der Angehörigen und Bekannten. Im Vergleich zu
dem furchtbaren Geschehen, das besonders der europäische Osten, die Großstädte und die Frontkämpfer
über sich ergehen lassen mußten, kam unsere Heimat jedoch wieder einmal glimpflich davon. In den letzten
Apriltagen durchzogen deutsche Truppen verschiedener Einheiten, teils versprengt, teils in leidiger Ordnung
das Dorf. Am 30. April abends flog die Brunstbrücke mit einem ohrenbetäubenden Krach in die Luft. Amsel-
ben Abend bezog eine SS-Abteilung unter einem total entnervten Hauptmann Quartier, diese Formation
richtete am nächsten Tag das Blutbad in Langenegg an. Am 1. Mai vormittags griffen französische Tiefflieger
die Landeshauptstadt an, überflogen zweimal auch unsere Ort und trafen mit den Bordwaffen unser Pfarr-
haus, das Schulhaus und das Vereinshaus. Menschen kamen nicht zu Schaden. Am Abend des l. Mai zogen
Einheiten der l. Französischen Panzerdivision mit etwa 20 Kampfwagen und am 2. Mai eine Abteilung der
4. Marrokanischen Gebirgsdivision ohne Widerstand in das weißbeflaggte Dorf ein. Sie kamen über Eisen-
bach/Thal, daja sowohl das Wirtatobel gesperrt, wie auch die Kesselbachbrücke gesprengt war. Außer den
siegreichen Truppen waren in jenen Tagen einquartiert: Flüchtlinge aus dem Osten,Bombengeschädigte aus
dem Rhein- und Ruhrgebiet, die genannten Wienerkinder, polnische und ukrainische Zwangsarbeiter und
Zwangsarbeiterinnen und Kriegsgefangene mehrerer Nationen. Gerade auch letztere haben im großen und
ganzen in Doren menschliche Arbeitgeber und hilfreiche Hände gefunden. So wurden am Karsamstag 1940
vier mitleidige Frauen und der Kaplan eingesperrt und zu einer hohen Geldbuße verurteilt, weil sie frieren-
den polnischen Kriegsgefangenen Unterwäsche geschenkt hatten. Zu allem Überfluß übernahm Mitte 1945
eine Gruppe ehemaliger serbischer Cetnik-Soldaten unter Oberst Pavlocic die sicherheitspoLizeiLiche Auf-
sicht in Doren. Diese Episode dauerten ur einige Wochen. Der Oberst wurde dann in Jugoslawien vor Gericht
gestellt und erschossen. Bald setzte wieder eine umgekehrte Wanderung ein. Die „Gäste" zogen in die Hei-
mat oder wanderten nach Amerika aus. Unsere Soldaten kamen aus den Kriegsgefangenen lagern aller Him-
melsrichtungen bis aus Nordnorwegen, den USA, Ägypten und später auch aus allen Teilen der Sowjetunion
zurück. Die letzten Heimkehrer konnten im Spätherbst 1948 von den Angehörigen, dem Musikverein und
der Singgruppe empfangen werden.
Die Friedens- und Aufbauepoche
Die Ernährungslage, besonders auf dem Lande war nicht so drückend wie 1918. Zusätzlich wurden in größe-
ren Mengen Kartoffeln, Mais, Weizen, Gerste und Roggen angebaut. Die sonnigen Sommer von 1945- 50
waren günstig für den Getreideanbau, doch wollten noch andere Kostgänger mithalten. Dachse brachen mit
Vorliebe in die Türkenacker ein und Wildschweine waren keine Seltenheit. Der schlimmste Schädling war
der Kartoffelkäfer. Die regelmäßigen Suchaktionen, zu denen jeder Pflanzer eingeteilt war, erfreuten sich
dennoch bei der Schuljugend größter Beliebtheit. Allerdings waren die Käfer nur eine lästige Nebensache.
Nicht unerwähnt bleiben darf der Tabak-Eigenanbau. Für die rauchfertige Zubereitung gab es fast soviele
Rezepte wie Raucher. Mit der Wolle der zahlreich gehaltenen Schafe wurde eifrig gestrickt oder gegen andere
Textilien getauscht. Als noch beliebtere Tauschwaren galten Butter, Käse, Speck und Schnaps. Die Schafe
wurden über einige Jahre geschoren, im hohen Alter geschlachtet und verspeist. Die lebenslange Abneigung
mancher Leute gegen das Schaffleisch dürfte auf jene Zeit zurückzuführen sein. Im Jahre 1948 brachte die
wiedererstandene Republik Osterreich mit einer Währungsreform Ordnung in das Wirtschaftsleben. Dergra-
sierende Schwarzmarkt kam zum Erliegen, die Lebensmittel- und Bekleidungsbewirtschaftung konnte auf-
gegeben werden.