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Full text: Die älteste Geschichte des Bundeslandes Vorarlberg bis 536 nach Christus

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Friaul (Ostladinisch). Die zahlreichste Gruppe ist die friaulische mit 464.000 
Menschen; die zentralladinische zählt nur 11.000 Seelen, die westladinische 
40.000 'o. Durch die Völkerwanderung und die neuen Staatenbildungen ist das 
Gebiet der rätoromanischen Sprache an zwei Stellen «durchbrochen und in drei 
nicht mehr zusammenhängende Teile zerlegt worden. So kam es auch, daß diese 
Sprache bis in die neueste Zeit ohne Literatur war. 
Vor wenigen Jahrzehnten hat der Sprachgelehrte Dr. Alton aus Koll- 
fuschg mehrere Abhandlungen über die ennebergische Mundart veröffentlicht 
und dadurch den Anstoß zur Entstehung einer kleinen Literatur von Erzäh­ 
lungen gegeben. In Graubünden hat der nunmehr verstorbene schweizerische 
Nationalrat und Sozialreformer Dr. Kaspar De curti ns aus Truns und 
nach ihm der wohlbekannte P. Maurus Carnot in Disentis den Grund 
zu einer kleinen rätoromanischen Literatur gelegt. Es erschienen nicht allein 
Erzählungen in der Mundart des Graubündener Oberlandes, sondern auch 
periodische Schriftwerke. In Disentis (rom.: Muster) besteht eine eigene Stampa 
romontscha, das ist eine Druckerei für jene Schriftwerke, welche in der Mund­ 
art des Romontfch geschrieben werden. Dieses wird vom Volke im Bündner 
Oberlande gesprochen, in Schams (südlich der Via mala) und im Oberhalbsteiner 
Tale (sur sss oder seiß — supra saxa). Das Wochenblatt „Gasetta romontscha" 
und „II Pelegrin", sowie Kalender und Bücher, dienen dieser Sprache und 
werden in der Stampa romontscha gedruckt. Der andere Zweig des Westladi- 
nischen wird von den Sprachgelehrten einfach ladinisch genannt und ist die 
Sprache des Volkes im Albulatale, soweit dort romanisch gesprochen wird, im 
Engadin und nn Münstertale, das sich gegen Vintschgau öffnet. 
Nahe verwandt mit der jetzigen Engadiner Volkssprache war das Räto­ 
romanisch, welches zur Zeit der Römer in ganz Vorarlberg und noch lange 
hernach im Walgnu und Montason gesprochen worden ist. Als Beispiel des 
heutigen Ladinischen im Oberengadin diene die Inschrift an einem Schulhause 
(1930) in St. Moritz: „II Jenner benedescha la prima cuorsa della vita da 
noß chers infants — Der Herr segne den ersten Lauf des Lebens unserer lieben 
Kinder." Beispiele rätoromanischer Geschlechtsnamen, die ich in St. Moritz 
traf, sind: Bebrütt, Bisaz, Boz, Ealonder. Das Engadinische Museum trägt 
die Aufschrift: Museo Engiadinais. In Ehur fand ich die Namen: Padrutt, 
Schorta, Pinggsra, Dedual und Decurtins. 
Der Wortschatz des Rätoromanischen ist kein großer, meistenteils aus dem 
Lateinischen. Darunter befinden sich Worte aus dem alten Volkslatein, die in 
keiner anderen romanischen Sprache mehr sich finden". Die in der rätoroma­ 
nischen Sprache vorkommenden Lehnworte stammen aus dem Italienischen 
oder dem Deutschen". 
Lehrreiche Sprachmuster (Saggi ladini) aus dem Rätoromanischen ver­ 
öffentlichte Prof. Ascoli im Jahre 187333. Dieser vorzügliche Kenner des 
Rätoromanischen faßt unter dem Begriffe „Ladinische Dialekte" jene Reihe 
romanischer Mundarten zusammen, die, untereinander in besonderer Verwandt­ 
schaft stehend, dem Kamme der Alpen von den Quellen des Vorderrheines bis 
zum adriatischen Meere folgen, und nennt das von diesen Mundarten be­ 
herrschte Gebiet die ladinische Sprachenzone". 
Zur kurzen Erläuterung des nahen Zusammenhanges des Rätoromanischen 
mit den anderen romanischen Sprachen füge ich nur ein kleines Beispiel an, 
dem viele andere angeschlossen werden könnten:
	        
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