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bestehenden legio fulminatrix wunderbar gerettet. Es kam ein Gewitterregen
und erfrischte das Heer. Die Feinde wurden besiegt. Die Heiden schrieben die
Rettung dem Gebete Les Kaisers zu". Um 300 n. Chr. erlitt der h l. Mau
ritius bei Agaunum, dem jetzigen St. Maurice im Kanton Wallis, den
Martertod für den katholischen Glauben. Mit ihm starben auf Befehl des
Kaisers Maximian, eines Mitregenten Diokletians, eine große Anzahl römi
scher Soldaten den Martertod für Christus, zum Teile in Agaunum, zum
Teile auf dem weiteren Heereszuge gegen Norden. Sie gehörten zur thebaifchen
Legion, welche fast nur christliche Soldaten aus Oberägypten umfaßte, und
weigerten sich, an der Christenverfolgung des Kaisers Maximian sich zu be
teiligen^. Beide Legionen, die fulminatrix und die thebäische, beweisen die
große Verbreitung der katholischen Religion unter den römischen Soldaten
und die Möglichkeit, daß das Christentum zuerst durch römische Soldaten nach
Brigantium kam.
Auch durch rätische Krieger, die zum römischen Heere zahlreich rekrutiert
wurden und dann in vielen Gegenden des weiten römischen Reiches Kriegs
dienste leisteten, kann das Christentum zu uns gekommen sein, indem solche als
Christen in ihre rätische Heimat zurückkehrten. Ebenso ist es möglich, daß
L a i e n ch r i st e n, die vor den blutigen Verfolgungen der Christen aus Ober
italien über die Alpen flüchteten, an der Ausbreitung der christlichen Religion
bei uns mitarbeiteten.
Daß es während der großen diokletianifchen Verfolgung auch in Brigan-
tium Märtyrer des christlichen Glaubens gab, läßt sich zwar geschichtlich nicht
nachweisen, ist aber recht wohl möglich". Auch in den anderen nunmehr öster
reichischen Alpenländern gab es in jener großen Christenverfolgung christliche
Märtyrer. Hieher gehören der bl. F l o r i a n (ch 304), wahrscheinlich ein Offi
zier des römischen Heeres, welcher bei Lorch in Oberösterreich in die Enns ge
stürzt wurde; der hl. Maximilian, der Apostel Rorikums (Salzburg und
Steiermark mit Kärnten), ch ungefähr 305; dann der hl. Bischof Vikto-
r i n u s, welcher zu Pettau (jetzt jugoslavisch) a. d. Drau in Steiermark im
Jahre 303 des Martertodes starb".
Unter den vielen aufgedeckten Gräbern des römischen Brigantium ist
nur ein einziges, welches die Altertumsforscher für ein christliches halten. Der
Deckel eines Sarkophages nämlich war eine große Bleiplatte (jetzt im Landes
museum bei den römischen Altertümern), die Verzierungen in Perlstab-Manier
trägt, wie sie in der morgenländischen Kirche üblich waren. Die Forscher glau
ben, daß es sich um ein christliches Grab handelt".
Daß man bisher nicht mehr Spuren christlicher Gräber gefunden, spricht
keineswegs gegen das Bestehen einer christlichen Gemeinde im römischen Bre
genz, weil ja die Römer zur Kaiserzeit ihre Leichen der Verbrennung über
gaben und die Asche in Urnen aufbewahrten. Dies blieb so auch in Brigantium
bis in das dritte Jahrhundert n. Chr.". Die christliche Religion aber hielt vom
Anfänge an am Begräbnisse in der Erde fest", weil auch Christus, ihr gött
licher Stifter, unter der Erde (in einem Felsengrabe) beigesetzt worden, aus
dem Grabe wieder auferstanden und hernach in den Himmel ausgefahren ist.
Von der Erde werden auch wir einstens wieder auferstehen. Daher konnten die
Christen weder in Rom, noch in Bregenz oder anderswo, die Leichenverbrennung
annehmen. *) Sie hatten in Bregenz wohl, wie in Rom, eine eigene Begräbnis-
*) Das neue kirchliche Gesetzbuch (Codex Juris Canonici) enthält im Kanon
1203 ein ausdrückliches scharfes Verbot der Leicheniverbvennung, weil der modernen
Lei ch e nv e rb re nn ung eins ganz unchäubifle Absicht inne wohnt.