Im südbayerischen Grenzraum zwischen Bodensee und Königssee unternahm
er 1858 eine Großexkursion, über deren Verlauf wir vor allem durch die 1879
erschienenen Aufzeichnungen von Friedrich Bodenstedt unterrichtet sind. Darauf
wird im Folgenden in der 1925 von Joseph Hofmiller bearbeiteten Fassung in
genommen.6
einer 2011 erschienenen Neuausgabe Bezug
Bei dem, was offiziell als „Fußreise Sr. Majestät“ bezeichnet wurde, gestand der
Begleiter Wilhelm Heinrich Riehl: „Zu Fuß gegangen sind wir freilich nicht viel;
denn bei der Ankunft in Berchtesgaden ergab sich’s, daß wir in etwas mehr als
fünf Wochen einen Weg von 225 Stunden zurückgelegt hatten, wovon wir etwa
150 geritten, 60 gefahren und 15 gegangen waren. Könige gehen eben anders zu
Leute.“7
Fuß wie gewöhnliche
Auf dieser Reise wollte Maximilian II. die Grenzgebiete am nördlichen Alpenrand
in ihrer entwicklungsgeschichtlichen Eigenart kennen lernen und zugleich ohne
besondere Repräsentationsbedürfnisse Begegnungen mit seinen Untertanen
suchen. In einer unruhigen Zeit mit tiefgreifenden zivilisatorischen und politi-
schen Umbrüchen bot die gewählte Route zugleich nostalgische Ausweich -
möglichkeiten in unverdorbene alpine Kulturlandschaften, wobei Riehl bei den
Interessen des Königs besonders „eine Begeisterung für die reine Naturschönheit,
ist.8
für die landschaftliche Poesie“ aufgefallen Bei der Lektüre von Bodenstedts
Erinnerungen wird immer wieder die Nähe zur deutschen Romantik erkennbar
mit der Neigung, ähnlich wie bei Eichendorff Poesie und Alltag zu verbinden.
Die königliche Reisegesellschaft bestand neben den Dienern und Pferdeknechten
aus dem Reisemarschall General Ludwig von der Tann, dem Obersten Graf
Friedrich Pappenheim, dem Hauptmann Baron Leonrod und Graf Maximilian
Ricciardelli sowie drei gelehrten Schriftstellern aus dem wissenschaftlichen
Beraterkreis des Königs. Es waren dies Friedrich Bodenstedt, Wilhelm Heinrich
Riehl und Franz von Kobell. Von der Tann galt als militärisch erfahrener Meister
der Landeskunde, Pappenheim, Ricciardelli, Leonrod und Kobell berieten den
Naturbeobachter.9
König unterwegs als erfahrene Jäger und Friedrich Bodenstedt
verfügte als Sprachwissenschafter über reiche Reiseerfahrungen, Wilhelm
Heinrich Riehl hatte als Begründer der wissenschaftlichen Volkskunde vor allem
kulturhistorische und sozialpsychologische Interessen, während sich Franz von
Kobell in Mineralogie auskannte, zugleich aber „Sitte und Art des Volkes dieser
anderer“.10
Berge kannte, seine Sprache redete und seine Lieder sang wie kein
Maximilian schätzte es, wenn unterwegs abwechselnd einer dieser vielseitig
interessierten Gelehrten an seiner Seite war, um sich über vielerlei Themen zu
unterhalten. Zumeist bezogen sie sich auf ein Hauptanliegen des Königs, in
Bayern auf jede Art und Weise die Heimatverbundenheit und das Nationalgefühl
stärken.11
des Volkes wirksam zu Das gehörte für ihn angesichts der in
Deutschland zunehmenden preußischen Hegemonieansprüche vordringlich zur
geistigen Landesverteidigung.
214|6
Bodenstedt 2011.
7
Riehl 1891, 337.
8
Riehl 1891, 381.
9
Riehl 1891, 338.
10
Riehl 1891, 338.
11
Hartinger 1988, 292.