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trafen, sich er vom historischen Gesichtspunkte aus nicht ohn
Anrecht war, den Städten gleichgestellt zu werden, und dase
diese Gleichstellung in Hinsicht der politischen Rechte schon
seit Beginn der bestehenden Landes= und Reich sver fassun g
durchgeführt erschein t.
Aber nicht der historische G esichts punkt war es, vol
dem wir uns hauptsächlich leiten lie ßen, als wir an Se.
Majestät mit der Bitte heranzu tre ten wagten , u nsere Ge
meinde zur Stadt zu erheben. Wir waren vi elmehr der
Mein ung, dass insb esonder e die gegenwärtige wirtschaftlich
und cult urelle Bedeut ung unseres Gemeinwesens geeignet sei,
diese unsere Bitte nicht als eine anmaßliche erscheinen zu
lassen.
Bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts war Dornbirn
in zwar sta tt liches und v olkreiches , aber rein bäuerliches
Dorf. Sie finden daher auf unsere m Boden fast gar keine
baul iche Sp uren früherer Jahrhunderte. Das Schlösschen
der Hohenemser in Oberdorf wurde l eider in der ersten
Hälfte des 19. Jahr h underts abgebrochen; von der Bur
der Siegberger in Mühleba ch bestehen nur fast sa genhaf te,
unscheinbare Trümmer. Die B evölkeru ng selbst erhielt sich
während dieser Periode fast unvermischt und so sind den
die Namen der Geschlechter, die seit Jahrhunderten diest
Scholle bebauten, fast das einzige Denkmal längstvergangener
Zeiten in Dornbirn und mit Recht kann es, so alt und
hr envoll auch seine Geschichte ist, als eine junge Stadt be¬
zeichnet werden, nicht nur, weil es erst vor kurzem zu diesen
Rang erhoben wurde, sondern auch darum, weil seine Ent
wicklung zur Stadt nicht weit zurückdatiert. Ihr Beginn
fällt zusam men mit dem Beginne des theilweise n Ueberganges
der Bevölkerung zu industrieller Arbeit und die ser wie den
ällt in die zwei te Hälfte des vo rletzten , des 18. Jahr
hunderts
In das Ende desselben fällt schon die Gründun g der
ältesten u nserer Industrie=Firmen, der heute noch b lühenden
Firma: Herburger und Rhomberg; ihr schloßen sich bald
andere an. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wan
D ornbirn schon ein ansehnlicher Industrieort In
der
zweiten Hälfte desselben waren es vor Allen der weitblickende
Begründ er der Firma Franz M artin Hämmerle und seine
Söhne und Nachfolger , die die Industrie Dornbirns zu hoher
Bl üthe brachten; aber auch die andern Geschäfte wurder
vergrößert und stets auf der Höhe der Zeit erhalten, so
dass Dornbirn in industriellen und kaufmän nischen Kreiser
sich längst in allen Ländern unserer Monarchie eines wohl¬
begründeten Rufes erfr eute
Neben der mächtig entwickelten Tex t ilindustri e bestehen
auch ander e namhafte industrielle Betriebe und ein hoch ent
w ickeltes G ewerbe, das insb e sondere durch die Beschaffun g
elektrisch er Kraft in den letzt en Jahren eine wesent l iche
Förde rung e rfuhr, und bei der im vorigen Jahre in Dorn¬
birn abgehaltenen Gewerbeau sstellu ng eine ehr envolle Prob
einer Leistungsfähigkeit ablegte . Dabei wird auch di
Stickerei als Hausindustrie betrie ben, wenn auch in geringerem
Umfange als in anderen Landestheilen, und neben alle dem
blieb innerhalb der we iten Grenzen uns eres Gemeindeg e
ietes, dem Ebene , Hügelland und Hochgebirge angehören
noch genügend Raum zum Betrieb e der Landwirtschaft, der
insbesondere im letzt en Jahrzehnt erhöhte Fürsorg e besonders
auf dem Gebiete der Viehzucht gewidmet wurde. Aber die
weite Ausdehnung un seres Gemeindegeb ietes ist es auch, die
die Umgestaltung uns eres Gemeinwe sens zu einem städtischen
so unverhältnismäßig erschwer te und die uns auch für die
Zukunft noch so viel zu thun übrig lässt, wogeg en sie uns
allerdings auch eine von keinen räumlichen Hindernissen ge¬
törte Entwicklung gewährleistet
Wer diese, in der Ausdehnung und den großen Ent¬
ernungen liegende Vertheuerung der meisten öffentlichen An
lagen und Einrichtungen wohlwollend berücksichtiget, der wird
nicht in A brede stellen kön nen, dass in Dornbirn Viele
chon geschaffen wurde und sich auch nicht wundern, dass
es nur mit großen Opfern geschaffen werden konnte.
Sie werden mir es auch gewiss nicht als ein Abweichen
von dem bei der heutigen Feier ge botenen Grundsatze der
Vermeidung aller politischen Stellu ngnahme auslegen , wenn
ich die Tha tsache constatiere, dass wir einen gro ßen Theil
unseres Fortschrittes in den letzten Jahrzehnten dem Um¬
tande verdanken, dass ein Mann von dem hervorragenden
Verwaltungstalente und den sonstigen Geistes= und Charakter¬
eigensch aften un seres hochverdienten Herrn Bürger mei sters
an der Spitze unse rer Gemeinde stand und Gott sei Dank
loch steht.
Von der heutigen Entwicklung Dornbirns geben das
beste, allerdings nicht gerade für die Steuerzahler erf reu¬
li chste Bild, die Ziffern unseres Gemeindehaushaltes
Das Verwaltungserfordernis bezi ffert sich auf rund
340.000 K ronen jährlich; hievon entfallen auf die Sc hul¬
instalte n rund 120 .000 Kr onen, auf die Armenversorgung
nahezu 40.0 00 Kronen, auf die Straßen= und Wasserbauten
und mindestens 80.000 Kronen.
Dafür erhält die Gemeinde 4 mehrcla ssige und 5 ein
lassige Volksschulen und unterhielt sie bis 1. Septem ber
d. Is. auch die nun verstaatlichte Ober real schule, zu der si
aber immer noch nahmhafte Beist euern zu leisten hat
Die Einhaltung des weit ver zwei gten Straßennetzes er¬
fordert große Summen; es wird aber auch anerkannt er¬
naßen Bedeutendes auf diesem Gebiet e geleistet
Es bestehen außerde m eine von Staat und Land sub¬
venti onierte gewerb liche Fortbildungsschule, eine Priva t
Mädchen=V olk sschule , eine pr ivate Fort bildungssc h ule für
Mädchen, eine Koch= und Haushaltungsschule und die k. k
Fachsc hule für Maschinenstickerei.
In der ganzen Gemeinde, mit Ausnahme der Berg#
parc ellen, auch in den entlegensten Straße n, erhält die Ge¬
mei nde ele ktrische Straßenbeleuchtung; elektrische Motoren
wer den von unserem Gewer be in sehr großem Umfange ver
vendet. Die Erbauu ng des Elektricnätswerkes, das vo¬
2 Jahren fertiggestellt wurde, gab überhaupt dem wirtschaft¬
ichen Fortschritte in uns erer Gemeinde einen mächtige
Impuls und förderte insbesondere auch das Zustandek omme n
der elektrisch zu betr eibe nden Straßenbahn, die Dorn birn
mit Lustenau verbinden und auch dem L ocalver kehr beide
g roßen Gemeind en d ienen wird, und deren Kost en mit Aus¬
nahme eines Landesbeitr a ge s fast ganz aus M itteln diese r
Gemeind en und ihrer Bürger bestritten werden
Von dem regen Verkehre innerhalb der Gemeinde zeugt
auc die Zahl der Telepho n stelle n, die über 100 beträgt
Nehmen Sie dazu unsere schmucken B auten und Straßen
unddas
stattliche Gesammtbild Dorn birns und die Zahl
on mehr als 1 3.000 Einwohner, so werden Sie es unser m
Localpatriotismus, von dem allerdings hie und da im Land
erum behauptet wird, dass er etwas stärker entwickelt sei
ls nöthig wäre, gewiss zu gute halten, wenn wir den
Wun sch hatten, das, was unseres Erachtens eingetreten war
die Entwicklung zur Stadt, auch äußerlich anerkannt zu sehen.
Weit entfernt sind wir aber von jeder Selbstüberh ebung.
Wir wiss en sehr wohl, wie viel wir noch einz uholen haben,
um den Namen einer Stadt in jeder Beziehung zu ver¬
dienen, um wirklich eine Stadt im vollen modernen Sinn
des Wortes zu sein, deren Bewohner alle jene Annehmlich
keiten genießen, die man unter dem städtischen Comfort in¬
begriffen zu betrachten gewohn t ist. Aber gerade mit Hilfe
der uns durch die Erhebung zur Stadt zu Theil gewordene n
nerkennung dessen, was wir in dieser Richtu ng geleistet
aben, dür fen wir hoff en, das Fehlende um so eher nachzu¬
holen; denn diese Anerkennung wird der Geme inde und jedem
Einzelnen ein steter Anspo rn sein, sie zu rechtfe r tigen und
erst recht zu verdienen. In der freundlichen Theil nahme
aber, welch e die älteren Städte des Land es u nserer Feier
widmen, erblicken wir eine freud ige Gewähr dafür, dass sie