Freitag, 29. Dezember 1978
Meine lieben Dornbirnerinnen und Dornbirner!
Kaum sind die Tage des Weihnachtsfestes, des Festes des Friedens und der schenkenden
Liebe vorüber, stehen wir wiederum an der Schwelle eines neuen Jahres
Was wird dieses neue Jahr wohl bringen? War das vergangene ein erfolgreiches, ein von Leid
erfülltes oder ein glückliches Jahr? Das sind die Fragen, die uns alle in diesen Tagen bewegen.
Bewegen Sie uns wirklich? Ist es nicht so, daß wir gewohnt sind, solch ernste Gedanken
zurückzudrängen und im Trubel der Silvester- und Neujahrsfeiern zu vergessen?
Es ist ein alter und guter Brauch, daß man sich in diesen Tagen alles Gute zum neuen Jahre
wünscht. So will auch ich als Bürgermeister der Stadt Dornbirn diesem schönen Brauch folgend
Euch allen, meine lieben Dornbirnerinnen und Dornbirner, sowohl im eigenen als auch im
Namen der Stadt und der Stadtverwaltung die aufrichtigsten Glück- und Segenswünsche für das
kommende neue Jahr entbieten.
Rückblickend könnte man das Jahr 1978 als ein Jahr bezeichnen, in dem Meilensteine für einige
Großbauvorhaben gesetzt wurden, wie es vielleicht nur alle paar Jahrzehnte geschieht. Ich denke
dabei an den Baubeginn des Stadtspitales, an den Bau einer neuen Hauptschule in der
Bergmannstraße und an den Bau eines Hauses der Begegnung in Form des Kulturhauses.
Wenn man den Zweck dieser drei Großprojekte näher überdenkt, so läßt sich aus der
Verwirklichung dieser Bauvorhaben eigentlich ein tieferer Sinn erkennen. Mit dem Bau der
Schule wird nämlich die äußere Voraussetzung zur Vermittlung von Wissen und Bildung an die
Jugend geschaffen. Im Kulturhaus sollen sich die Menschen begegnen, sie sollen Freude
empfangen, Geselligkeit und Unterhaltung erleben sowie Kunst und Kultur vermittelt bekommen
Da unser Leben jedoch leider nicht nur aus Freuden besteht, sondern mänchmal auch Krankheit
die Menschen heimsucht, soll mit dem Spital die erforderliche Einrichtung geschaffen werden, um
unserer Bevölkerung im Bedarfsfalle die notwendige Hilfe angedeihen lassen zu können.
In diesen Bauvorhaben spiegeln sich einige wichtige Aufgaben der Gemeinde. Darüber hinaus
gibt es aber noch zahlreiche kleine Dinge, die gerade für das Wohl des einzelnen Bürgers von
großer Bedeutung sein können. Es ist in der großen Gemeinschaft der Gemeinde ähnlich wie im
kleinen Kreise einer Familie. Wenn nämlich etwas Großes geleistet wird, dabei aber die kleinen
Dinge des Alltages, die Rücksichtnahme aufeinander und die Hilfe füreinander vergessen
werden, verliert das Große an Glanz und Bedeutung.
In der letzten Zeit hat es den Anschein, als ob die Menschen immer mehr zur Erkenntnis kommen
und sich dessen bewußt werden, daß Wohlstand allein nicht alles ausmacht, sondern daß es
auch noch andere höhere Werte gibt, die erstrebenswert sind. Dazu gehören beispielsweise das
notwendige Vertrauen und Verstehen, die Achtung, Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft
gegenüber den Mitmenschen sowie die Toleranz gegenüber ihrer Einstellung
Wenn wir uns in Zukunft in vermehrtem Maße bemühen, diese Werte mit zum Inhalt unseres
Lebens zu machen, so bin ich überzeugt, daß sich manches menschliches Schicksal leichter
ertragen ließe, und das Nebeneinanderleben immer mehr zu einem Miteinanderleben führen
würde. Dadurch würde bestimmt auch mancher Ruf nach Hilfe der öffentlichen Hand oder
entsprechenden Institutionen verstummen
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Wenn wir in dieser Gesinnung voll Gottvertrauen in das neue Jahr schreiten, so wird auch 1979
wieder ein gutes Jahr werden. Dies wünscht Euch von Herzen
Euer Bürgermeister