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Full text: Dornbirner Gemeindeblatt 1979 (1979)

aber nicht über entsprechende äußere Voraus¬ 
setzungen für kulturelle Betätigungen verfügt. 
zum Unterschied von zahlreichen, viel kleineren 
Gemeinden weiterhin kulturelles Entwicklungs¬ 
gebiet Vorarlbergs bleiben müsse? 
Warum soll jemand sogar auf einen Schwarz¬ 
Weiß-Fernseher verzichten müssen, weil sein 
Nachbar bereits einen Farbfernseher besitzt? 
Nun meine Damen und Herren, falls es nur der 
hochtrabende, lediglich aus finanziellen Über¬ 
legungen gewählte Name „Kultur- und Kon¬ 
greßhaus“ sein sollte, an dem sich die Gemüter 
unnötigerweise erhitzen, dann bin ich gerne 
bereit, das Kind in Stadtsaal oder meinetwegen 
in „Staufenhalle“ umzutaufen, um ja auch nur 
den leisesten Anschein von Hochstapelei oder 
Konkurrenzierungsabsicht zu vermeiden. 
Daß nicht einmal Gott Vater imstande ist, es 
allen Menschen recht zu machen, weiß jeder¬ 
mann aus eigener Erfahrung zur Genüge. 
Aber es erscheint doch etwas eigenartig, wenn 
auf der einen Seite der Stadtverwaltung vorge¬ 
halten wird, daß sie in den letzten Jahren zu 
Wenig getan und es vor allem versäumt habe 
größe Projekte rasch zu realisieren, wodurch 
Dornbirn gegenüber anderen Gemeinden ins 
Hintertreffen geraten sei und andererseits dann 
wenn die Stadt an die Verwirklichung von ge¬ 
wiß nicht alltäglichen Vorhaben schreitet, Zeter 
und mordio geschrieen, das Gespenst der 
hohen Pro-Kopf-Verschuldung an die Wand 
gemalt und darüber lamentiert wird, daß spä¬ 
teren Stadtvertretungen nichts mehr zu tun 
übrig bleibe, als mit dem spärlich vorhandenen 
Geld, die aufgenommenen Darlehen zu ver¬ 
zinsen und abzuzahlen. 
Nun, ich glaube, man darf ohne Überheblichkeit 
sagen, daß selbst ein Blinder zu spüren ver¬ 
mag, wieviel in den letzten eineinhalb Jahr¬ 
zehnten in unserem Gemeinwesen auf den ver¬ 
schiedensten Gebieten geschaffen wurde. 
Alle diese großen Aufwendungen wie Schulen. 
Kindergärten, Straßen, Wasserversorgung 
und Abwasserbeseitigung, Sportanlagen usw., 
welche zwar von der Bevölkerung und auch vor 
gewissen Meinungsbildnern vielfach als 
Selbstverständlichkeit angesehen werden. 
haben ebenfalls viel Geld gekostet. Verständ¬ 
licherweise hat jedoch kaum jemand danach 
gefragt, woher das erforderliche Geld zur Fi¬ 
hanzierung dieser Vorhaben kam, ja im Gegen¬ 
teil, es gab Unzufriedene, weil die Gemeinde. 
die nach weitverbreiteter Meinung „ja ohnehin 
Geld genug hat“, nicht alle Wünsche möglichst 
aufeinmal erfüllte. 
Nunmehr ist die Stadtverwaltung auf Grund der 
Beschlüsse der sehr verantwortungsbewußten 
Stadtvertretung daran gegangen vor allem 
zwei, nicht alltägliche Großprojekte in Angriff 
zu nehmen. Dies geschah nicht etwa aus einer 
spontanen Eingebung heraus oder nur um es 
den Nachbarstädten gleich zu tun, sondern in 
Verwirklichung eines langjährigen Programmes 
und aus der Erkenntnis, daß unser großes Ge¬ 
meinwesen einfach ein, den heutigen Anfor¬ 
derungen entsprechendes Spital sowie eine 
Freitag, 19. Jänner 1979 
geeignete Stätte kultureller und gesellschaftli¬ 
cher Begegnung braucht. 
Abgesehen von der bestimmt damit verbunde¬ 
hen Erhaltung der Vollbeschäftigung und von 
Arbeitsplätzen, wäre es sicherlich angenehmer 
gewesen, wenn die Errichtung dieser Gro߬ 
bauten etwas früher hätte erfolgen können. 
Wir wissen es alle, und ich habe in Vergangen¬ 
heit und Gegenwart auch stets darauf hinge¬ 
Wiesen, daß neben allen sonstigen Bemühun¬ 
gen zu billigem Geld zu kommen, derart große 
Vorhaben in zunehmendem Ausmaße durch die 
Aufnahme von Darlehen finanziert werden 
müßten. 
Das ist aber noch lange kein Grund zur 
Aufregung. 
Ich bin sicher der letzte, der einem verant¬ 
wortungslosen Schuldenmachen das Wort reden 
wurde. Aber ich bin der Ansicht, daß man auch 
einem Gemeinwesen die gleiche Unterneh¬ 
mungslust, Tatkraft und Risikofreudigkeit zu¬ 
gestehen sollte, wie sie jeder private Bürger 
beweist, wenn er beispielsweise ein Haus baut. 
eine Eigentumswohnung oder ein Auto kauft. 
seinen Betrieb erweitert und dafür wohl in den 
meisten Fällen Geld aufnehmen, also Schulden 
machen muß, um sein Vorhaben verwirklichen 
zu können. 
Bestimmt machen nur die wenigsten Leute 
leichtsinnigerweise Schulden. Wenn die Auf¬ 
nahme von Krediten aber doch notwendig sein 
sollte, machen sie sich wohl kaum Gedanken 
über die Höhe ihrer Pro-Kopf-Verschuldung. 
Nehmen wir das Beispiel Hausbau her. Es be¬ 
steht wohl kein Zweifel, daß die Erstellung 
eines einfachen Eigenheimes für eine fünf¬ 
köpfige Familie heute sicher 1 Million Schilling 
köstet. Wenn der Bauherr in der Lage ist die 
halben Kosten durch Eigenmittel abzudecken. 
wird er für den Rest immer noch S 500.000.— 
an Darlehen aufnehmen müssen. Das ergibt bei 
funf Personen eine Pro-Kopf-Verschuldung von 
sage und schreibe S 100.000.— 
Wundert es sie nicht auch, daß Private trotz 
dieser Schuldenquote überhaupt noch bauen 
oder kaufen? 
Bei einer Gemeinde allerdings scheint das vor¬ 
übergehende Schuldenmachen für Großvorha¬ 
ben, sei es auf dem Hoch-, oder auf dem Tief¬ 
bausektor, eine andere Sache zu sein. Hier hat. 
so könnte man zumindest den Eindruck bekom¬ 
men, die Pro-Kopf-Verschuldung eine ganz 
größe Bedeutung, denn diese Ziffer ist nicht nur 
leicht zu errechnen, sie ist darüberhinaus auch 
noch sehr publikumswirksam, selbst dann. 
wenn sie weit unter dem Durchschnitt von pri¬ 
Vaten und öffentlichen Verschuldungsquoten 
gelegen sein sollte. 
Nun, ich bin gewohnt, die Dinge offen beim 
Namen zu nennen und ich habe weder Ursache 
hoch die Absicht, die Stadtvertretung und 
schon gar nicht unsere Mitbürger bewußt über 
die Finanzierung der sicherlich kostspieligen 
Vorhaben der nächsten paar Jahre im Unklaren
	        
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