Fahrzeug aus dem Elektroautoprojekt VLOTTE beim Tanken.
Die Herausforderung, vor
der wir stehen, ist letztlich
keine geringere, als die Öko-
nomie und mithin die
Energieversorgung auf eine
nachhaltige, emissionsfreie
oder zumindest kohlenstoff-
arme Basis zu stellen. Es
gibt daher eine starke
Parallele zwischen nachhalti-
ger Energiewirtschaft und
Wegen aus der Finanz- und
Wirtschaftskrise. Es ist ent-
scheidend, jetzt die richtige
Richtung einzuschlagen,
deren Wegweiser die Grund-
sätze der Nachhaltigkeit
sind, auch wenn das kurzfri-
stig mit höheren monetären
Kosten verbunden sein mag.
Öffentlicher Nutzen
Es geht um ein Mehr an Lebensqualität für
alle mit weniger Ressourceneinsatz. Das ver-
langt einerseits ein Nachdenken über unseren
Lebens- und Wirtschaftsstil. Führen mehr
Produkte zu mehr Glück? Steht die Wirtschaft
hinreichend im Auftrag, für den Menschen da
zu sein? Das verlangt andererseits eine umfas-
sende Ausschöpfung der technischen Möglich-
keiten nachhaltigen Wirtschaftens. Hier sei
auch postuliert, dass die technischen Lösungen
im Wesentlichen da sind und auch das Geld.
Die Übung ist daher eine gesellschaftspolitische.
Gerade jetzt kommt es darauf an, konsequent
die notwendigen Schritte für den Klimaschutz
und eine nachhaltige Energieversorgung zu set-
zen. Es gibt kaum andere Segmente, die so
hohen wirtschaftlichen und öffentlichen
Nutzen generieren und gleichzeitig langfristig
orientiert sind.
Was wäre also zu tun? Nachhaltige Energie-
versorgung und Ressourcenwirtschaft müssen
systemimmanent und als Bedingung in der
Politik selbstverständlich werden. Das heißt,
das Steuersystem muss sich an ökologischen
Kriterien orientieren, Preisgestaltungen müssen
verursachergerecht sein, Förderungen müssen
Nachhaltigkeitsbedingungen enthalten, es muss
umfassende verbindliche Standards für energie-
verbrauchende Geräte und Anlagen geben, etc.
Das betrifft alle Segmente, von der primären
Energiepolitik über die Verkehrspolitik,
Sozialpolitik und natürlich die Wirtschafts-
politik.
Modellregion Vorarlberg?
Es gibt genügend Beispiele, die zeigen, dass
vieles möglich ist, ohne auf eine hohe Lebens-
qualität, wirtschaftlichen Nutzen und soziale
Gerechtigkeit verzichten zu müssen. Ein Bei-
eingebunden bleibt, muss es natürlich dennoch
ein Ziel der Vorarlberger Energiepolitik sein,
einen möglichst hohen Grad an Selbstversorgung
und Unabhängigkeit zu erreichen. Die Förderung
von Energieeffizienz, der Ausbau erneuerbarer
Energieträger sowie der ökologisch sensible
Ausbau der Großwasserkraft in Vorarlberg kön-
nen helfen, dieses Ziel zu erreichen.
Angesichts des jährlich steigenden Stromver-
brauchs ist die Förderung von Maßnahmen zur
Energieeffizienz ein Gebot der Stunde. Der
jährliche Verbrauchszuwachs liegt in Vorarl-
berg bei rund 50 Millionen KWh. Das ent-
spricht etwa dem Strombedarf einer Gemeinde
wie Lech. Jede nicht verbrauchte Kilowatt-
stunde macht deshalb Sinn. Investitionen in
energieeffiziente Gebäude und Geräte sind not-
wendig. Schon allein über eine Änderung des
persönlichen Verhaltens kann jedoch viel
erreicht werden. Die VKW hat mit ihren Kam-
pagnen zum Vermeiden von Stand-by-Energie,
zum Austausch von Glühbirnen durch Energie-
sparlampen sowie durch die Kühlgerätetausch-
aktion Bewusstseinsbildung geleistet. Das kri-
tische, bewusste Hinterfragen des eigenen
Energieverbrauchs ermöglicht viele sofort
wirksame Einsparungen, die nicht zu Komfort-
verlust führen müssen.
Neue Kraftwerke
Eine weitere Maßnahme zur Steigerung der
Unabhängigkeit ist der Ausbau von dezentra-
ler, erneuerbarer Energie in Vorarlberg. Das
Potential von Kleinwasserkraftwerken, Bio-
masseanlagen oder Fotovoltaikanlagen ist
nicht zu vernachlässigen. Derzeit hat die VKW
Ökostrom GmbH Lieferverträge mit 74 priva-
ten und kommunalen Ökostromanlagen und
bietet durch gezielte Förderungen und faire
Preise auch einen Anreiz zur Investition in
neue Anlagen.
Energieeffizienz und die Investition in kleine
Ökostromanlagen sind notwendig, werden es
aber nicht allein schaffen, die Abhängigkeit
Vorarlbergs von Stromimporten zu verringern.
Ohne den gezielten Ausbau der Großwasser-
kraft wird Vorarlberg nicht in der Lage sein,
die energiepolitischen Herausforderungen der
Zukunft zu meistern.
Bei den Anlagen der Illwerke geht es in den
nächsten Jahren ausschließlich um eine
Optimierung des Systems, ohne dabei in die
Wasserwirtschaft einzugreifen.
Der Grad der Selbstversorgung könnte durch
den Bau von Kraftwerken an der unteren Ill
und an der unteren Bregenzer Ache erhöht
werden. Neben der zentralen Frage der Um-
weltverträglichkeit muss aber auch die Wirt-
schaftlichkeit solcher Projekte gegeben sein.
Bei den aktuellen Energiepreisen ist dies nicht
der Fall, mittelfristig ist jedoch mit steigenden
Energiepreisen zu rechnen.
Will Vorarlberg energiepolitisch möglichst
unabhängig sein, wird wohl nur das Aus-
schöpfen aller gebotenen Möglichkeiten zum
Ziel führen.
Ludwig Summer, Vorstandsvorsitzender der
illwerke vkw
www.illwerkevkw.at
Es ist offensichtlich, dass es unser Planet nicht
verkraften kann, wenn alle soviel Ressourcen
(Rohstoffe, Energie, Wasser, Luft) verbrauchen und
so viele Schadstoffe in die Luft blasen wie ein
Durchschnittseuropäer. Die Frage der ethischen
Dimension unseres Lebensstils ist dabei noch gar
nicht gestellt. Können wir es vertreten, auf Kosten
eines Großteils der Erdbevölkerung globale
Ressourcen schonungslos auszubeuten, den künfti-
gen Generationen geplünderte Lagerstätten zu hin-
terlassen?
Bei allen unbestrittenen Leistungen und her-
zeigbaren Erfolgen in der Energiepolitik ist
auch Vorarlberg zu fast drei Vierteln von fossi-
len Energieträgern, somit von Energieimpor-
ten, abhängig. Solche Abhängigkeiten von zen-
tralen Ressourcen machen die Politik erpress-
bar, verursachen einen hohen Mittelabfluss
und bringen minimale regionale Wertschöp-
fungs- und Beschäftigungseffekte mit sich.
National und global scheinen wir nach dem
Prinzip Hoffnung zu leben. Aber der Glaube
an eine Energieversorgung wie gehabt ist eine
Blase. Auch diese wird platzen.
spiel ist das Passivhaus.
Geringste Energiekosten bei
hohem Komfort. Ein weiteres
Beispiel ist die Solarenergie,
unerschöpflich, gratis und mit
großem Potential. Durch konse-
quente Anwendung effizientester
Technologien in der Industrie
und beim Stromverbrauch in den Haushalten
ließen sich die Energieverbräuche jeweils hal-
bieren. Der Energieverbrauch des Gebäudebe-
standes kann technisch um 80 Prozent redu-
ziert werden. Eine vollständige Versorgung mit
erneuerbaren Energieträgern ist dann, was bei
heutigem Verbrauchsniveau nicht ginge, ohne
weiteres möglich. Mit 35 m2 Photovoltaik pro
Gebäude oder einem Wasserkraftwerk mit
einer Leistung von rund 60 MW könnte die
private Pkw-Mobilität weitgehend mit Elektro-
autos abgelöst werden. Konkrete Szenarien
dazu sind im Rahmen von ,,Energiezukunft
Vorarlberg“ in Ausarbeitung.
Eine nachhaltige Energieversorgung ist reali-
sierbar! Wir können die Umstellung in ein
paar Jahrzehnten bewerkstelligen. Wenn wir es
uns vornehmen. Vorarlberg könnte die Modell-
region werden für Nachhaltigkeit, Lebens-
qualität und Prosperität. Das internationale
Vorbild. Warum nicht? Wer, wenn nicht wir?
Wie stolz wären wir! Oder wollen wir, dass es
uns jemand vormacht?
Die Zeit drängt. Es ist Zeit zu handeln. Man
kann da nicht viel falsch machen. Denn es ist
sicher richtig, mit weniger und nachhaltigen
Ressourcen Wohlstand zu sichern, auf gerin-
gere Risken und internationale Fairness zu
setzen Die Zukunft beginnt jetzt.
Adi Gross, Geschäftsführer Energieinstitut
Vorarlberg in Dornbirn,
E-Mail: adolf.gross@energieinstitut.at
www.energieinstitut.at
reagieren. Und ist in der Nacht zuviel Strom
im Netz, können die heimischen Kraftwerke
Teile davon im Pumpbetrieb aufnehmen.
Spitzen- und Regelenergie für die Grundver-
sorgung in Vorarlberg zu nutzen, wäre deshalb
volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich
nicht vertretbar. Nicht zuletzt sind die Illwerke
zudem über langfristige Verträge mit der Energie
Baden-Württemberg verbunden. Den in den
Anlagen der Illwerke erzeugten Strom nur
noch in Vorarlberg zu verwenden, ist damit
derzeit nur in Ausnahmefällen möglich.
Dies alles führt dazu, dass Strom zugekauft
werden muss, um die Versorgung der Vorarl-
berger Bevölkerung zu gewährleisten.
Ziel der Politik
Auch wenn es sinnvoll und notwendig ist, dass
Vorarlberg in den europäischen Energiemarkt
Die aktuelle Wirtschaftkrise zeigt die Kehrseiten
und Risiken einer globalisierten, vernetzten Wirt-
schaft auf. Auch im Energiebereich wird deshalb
der Wunsch nach mehr Unabhängigkeit laut. Eine
Abschottung unseres Landes vom europäischen
Energiemarkt ist aber weder aus ökologischen
noch aus ökonomischen Gründen sinnvoll.
Maßnahmen zur Energieeffizienz sowie der ökolo-
gisch vertretbare Ausbau der Wasserkraft und
anderer erneuerbarer Energieträger sind dennoch
dringend notwendig.
Physikalisch gesehen wird in Vorarlberg heute
schon beinahe gleich viel Strom erzeugt, wie ver-
braucht wird. Den rund 2500 Gigawattstunden
(GWh) an jährlichem Stromverbrauch stehen rund
2200 GWh an heimischer Erzeugung aus Wasser-
kraft und aus anderen erneuerbaren Energieträgern
gegenüber. Rechnet man die langfristigen Strom-
bezugsrechte der VKW an Donaukraftwerken
dazu, ist Vorarlberg energieautark.
Nur theoretisch autark
Diese Eigenständigkeit ist aber aus verschiede-
nen Gründen theoretischer Natur. So wird in
den Wasserkraftwerken der Illwerke und der
VKW saisonal betrachtet unterschiedlich viel
Strom produziert. Zudem erfüllen besonders
die Pumpspeicherkraftwerke der Illwerke eine
wichtige Aufgabe im europäischen Energie-
markt: Sie liefern hochwertige Spitzen- und
Regelenergie. Kommt es im europäischen Netz
beispielsweise in den Mittagsstunden zu Ver-
brauchsspitzen, sind die Kraftwerke im Mon-
tafon in der Lage, binnen Sekunden darauf zu
Foto:
Heiko
Moosbrugger
4 5
Ludwig Summer
ENERGIE
I
Land unter Strom
Wie energieautark ist Vorarlberg?
Adi Gross
ENERGIE
II
Mehr Lebensqualität, weniger Ressourceneinsatz
Nachhaltige
Energie-
wirtschaft
,,Maßnahmen zur
Energieeffizienz sowie der
ökologisch vertretbare
Ausbau der Wasserkraft
und anderer erneuerbarer
Energieträger sind drin-
gend notwendig“
,,Vorarlberg könnte die
Modellregion werden für
Nachhaltigkeit, Lebens-
qualität und Prosperität“
Foto:
illwerke
vkw
Foto:
Energieinstitut
Fotos:
illwrke vkw