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Full text: Vorum 1997 - 2015 (1997 - 2015)

Fahrzeug aus dem Elektroautoprojekt VLOTTE beim Tanken. 
Die Herausforderung, vor 
der wir stehen, ist letztlich 
keine geringere, als die Öko- 
nomie und mithin die 
Energieversorgung auf eine 
nachhaltige, emissionsfreie 
oder zumindest kohlenstoff- 
arme Basis zu stellen. Es 
gibt daher eine starke 
Parallele zwischen nachhalti- 
ger Energiewirtschaft und 
Wegen aus der Finanz- und 
Wirtschaftskrise. Es ist ent- 
scheidend, jetzt die richtige 
Richtung einzuschlagen, 
deren Wegweiser die Grund- 
sätze der Nachhaltigkeit 
sind, auch wenn das kurzfri- 
stig  mit höheren monetären 
Kosten verbunden sein mag. 
Öffentlicher Nutzen 
Es geht um ein Mehr an Lebensqualität für 
alle mit weniger Ressourceneinsatz. Das ver- 
langt einerseits ein Nachdenken über unseren 
Lebens- und Wirtschaftsstil. Führen mehr 
Produkte zu mehr Glück? Steht die Wirtschaft 
hinreichend im Auftrag, für den Menschen da 
zu sein? Das verlangt andererseits eine umfas- 
sende Ausschöpfung der technischen Möglich- 
keiten nachhaltigen Wirtschaftens. Hier sei 
auch postuliert, dass die technischen Lösungen 
im Wesentlichen da sind und auch das Geld. 
Die Übung ist daher eine gesellschaftspolitische. 
Gerade jetzt kommt es darauf an, konsequent 
die notwendigen Schritte für den Klimaschutz 
und eine nachhaltige Energieversorgung zu set- 
zen. Es gibt kaum andere Segmente, die so 
hohen wirtschaftlichen und öffentlichen 
Nutzen generieren und gleichzeitig langfristig 
orientiert sind. 
Was wäre also zu tun? Nachhaltige Energie- 
versorgung und Ressourcenwirtschaft müssen 
systemimmanent und als Bedingung in der 
Politik selbstverständlich werden. Das heißt, 
das Steuersystem muss sich an ökologischen 
Kriterien orientieren, Preisgestaltungen müssen 
verursachergerecht sein, Förderungen müssen 
Nachhaltigkeitsbedingungen enthalten, es muss 
umfassende verbindliche Standards für energie- 
verbrauchende Geräte und Anlagen geben, etc. 
Das betrifft alle Segmente, von der primären 
Energiepolitik über die Verkehrspolitik, 
Sozialpolitik und natürlich die Wirtschafts- 
politik. 
Modellregion Vorarlberg? 
Es gibt genügend Beispiele, die zeigen, dass 
vieles möglich ist, ohne auf eine hohe Lebens- 
qualität, wirtschaftlichen Nutzen und soziale 
Gerechtigkeit verzichten zu müssen. Ein Bei- 
eingebunden bleibt, muss es natürlich dennoch 
ein Ziel der Vorarlberger Energiepolitik sein, 
einen möglichst hohen Grad an Selbstversorgung 
und Unabhängigkeit zu erreichen. Die Förderung 
von Energieeffizienz, der Ausbau erneuerbarer 
Energieträger sowie der ökologisch sensible 
Ausbau der Großwasserkraft in Vorarlberg kön- 
nen helfen, dieses Ziel zu erreichen. 
Angesichts des jährlich steigenden Stromver- 
brauchs ist die Förderung von Maßnahmen zur 
Energieeffizienz ein Gebot der Stunde. Der 
jährliche Verbrauchszuwachs liegt in Vorarl- 
berg bei rund 50 Millionen KWh. Das ent- 
spricht etwa dem Strombedarf einer Gemeinde 
wie Lech. Jede nicht verbrauchte Kilowatt- 
stunde macht deshalb Sinn. Investitionen in 
energieeffiziente Gebäude und Geräte sind not- 
wendig. Schon allein über eine Änderung des 
persönlichen Verhaltens kann jedoch viel 
erreicht werden. Die VKW hat mit ihren Kam- 
pagnen zum Vermeiden von Stand-by-Energie, 
zum Austausch von Glühbirnen durch Energie- 
sparlampen sowie durch die Kühlgerätetausch- 
aktion Bewusstseinsbildung geleistet. Das kri- 
tische, bewusste Hinterfragen des eigenen 
Energieverbrauchs ermöglicht viele sofort 
wirksame Einsparungen, die nicht zu Komfort- 
verlust führen müssen. 
Neue Kraftwerke 
Eine weitere Maßnahme zur Steigerung der 
Unabhängigkeit ist der Ausbau von dezentra- 
ler, erneuerbarer Energie in Vorarlberg. Das 
Potential von Kleinwasserkraftwerken, Bio- 
masseanlagen oder Fotovoltaikanlagen ist 
nicht zu vernachlässigen. Derzeit hat die VKW 
Ökostrom GmbH Lieferverträge mit 74 priva- 
ten und kommunalen Ökostromanlagen und 
bietet durch gezielte Förderungen und faire 
Preise auch einen Anreiz zur Investition in 
neue Anlagen. 
Energieeffizienz und die Investition in kleine 
Ökostromanlagen sind notwendig, werden es 
aber nicht allein schaffen, die Abhängigkeit 
Vorarlbergs von Stromimporten zu verringern. 
Ohne den gezielten Ausbau der Großwasser- 
kraft wird Vorarlberg nicht in der Lage sein, 
die energiepolitischen Herausforderungen der 
Zukunft zu meistern. 
Bei den Anlagen der Illwerke geht es in den 
nächsten Jahren ausschließlich um eine 
Optimierung des Systems, ohne dabei in die 
Wasserwirtschaft einzugreifen. 
Der Grad der Selbstversorgung könnte durch 
den Bau von Kraftwerken an der unteren Ill 
und an der unteren Bregenzer Ache erhöht 
werden. Neben der zentralen Frage der Um- 
weltverträglichkeit muss aber auch die Wirt- 
schaftlichkeit solcher Projekte gegeben sein. 
Bei den aktuellen Energiepreisen ist dies nicht 
der Fall, mittelfristig ist jedoch mit steigenden 
Energiepreisen zu rechnen. 
Will Vorarlberg energiepolitisch möglichst 
unabhängig sein, wird wohl nur das Aus- 
schöpfen aller gebotenen Möglichkeiten zum 
Ziel führen. 
Ludwig Summer, Vorstandsvorsitzender der 
illwerke vkw 
www.illwerkevkw.at 
Es ist offensichtlich, dass es unser Planet nicht 
verkraften kann, wenn alle soviel Ressourcen 
(Rohstoffe, Energie, Wasser, Luft) verbrauchen und 
so viele Schadstoffe in die Luft blasen wie ein 
Durchschnittseuropäer. Die Frage der ethischen 
Dimension unseres Lebensstils ist dabei noch gar 
nicht gestellt. Können wir es vertreten, auf Kosten 
eines Großteils der Erdbevölkerung globale 
Ressourcen schonungslos auszubeuten, den künfti- 
gen Generationen geplünderte Lagerstätten zu hin- 
terlassen? 
Bei allen unbestrittenen Leistungen und her- 
zeigbaren Erfolgen in der Energiepolitik ist 
auch Vorarlberg zu fast drei Vierteln von fossi- 
len Energieträgern, somit von Energieimpor- 
ten, abhängig. Solche Abhängigkeiten von zen- 
tralen Ressourcen machen die Politik erpress- 
bar, verursachen einen hohen Mittelabfluss 
und bringen minimale regionale Wertschöp- 
fungs- und Beschäftigungseffekte mit sich. 
National und global scheinen wir nach dem 
Prinzip Hoffnung zu leben. Aber der Glaube 
an eine Energieversorgung wie gehabt ist eine 
Blase. Auch diese wird platzen. 
spiel ist das Passivhaus. 
Geringste Energiekosten bei 
hohem Komfort. Ein weiteres 
Beispiel ist die Solarenergie, 
unerschöpflich, gratis und mit 
großem Potential. Durch konse- 
quente Anwendung effizientester 
Technologien in der Industrie 
und beim Stromverbrauch in den Haushalten 
ließen sich die Energieverbräuche jeweils hal- 
bieren. Der Energieverbrauch des Gebäudebe- 
standes kann technisch um 80 Prozent redu- 
ziert werden. Eine vollständige Versorgung mit 
erneuerbaren Energieträgern ist dann, was bei 
heutigem Verbrauchsniveau nicht ginge, ohne 
weiteres möglich. Mit 35 m2 Photovoltaik pro 
Gebäude oder einem Wasserkraftwerk mit 
einer Leistung von rund 60 MW könnte die 
private Pkw-Mobilität weitgehend mit Elektro- 
autos abgelöst werden. Konkrete Szenarien 
dazu sind im Rahmen von ,,Energiezukunft 
Vorarlberg“ in Ausarbeitung. 
Eine nachhaltige Energieversorgung ist reali- 
sierbar! Wir können die Umstellung in ein 
paar Jahrzehnten bewerkstelligen. Wenn wir es 
uns vornehmen. Vorarlberg könnte die Modell- 
region werden für Nachhaltigkeit, Lebens- 
qualität und Prosperität. Das internationale 
Vorbild. Warum nicht? Wer, wenn nicht wir? 
Wie stolz wären wir! Oder wollen wir, dass es 
uns jemand vormacht? 
Die Zeit drängt. Es ist Zeit zu handeln. Man 
kann da nicht viel falsch machen. Denn es ist 
sicher richtig, mit weniger und nachhaltigen 
Ressourcen Wohlstand zu sichern, auf gerin- 
gere Risken und internationale Fairness zu 
setzen Die Zukunft beginnt jetzt. 
Adi Gross, Geschäftsführer Energieinstitut 
Vorarlberg in Dornbirn, 
E-Mail: adolf.gross@energieinstitut.at 
www.energieinstitut.at 
reagieren. Und ist in der Nacht zuviel Strom 
im Netz, können die heimischen Kraftwerke 
Teile davon im Pumpbetrieb aufnehmen. 
Spitzen- und Regelenergie für die Grundver- 
sorgung in Vorarlberg zu nutzen, wäre deshalb 
volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich 
nicht vertretbar. Nicht zuletzt sind die Illwerke 
zudem über langfristige Verträge mit der Energie 
Baden-Württemberg verbunden. Den in den 
Anlagen der Illwerke erzeugten Strom nur 
noch in Vorarlberg zu verwenden, ist damit 
derzeit nur in Ausnahmefällen möglich. 
Dies alles führt dazu, dass Strom zugekauft 
werden muss, um die Versorgung der Vorarl- 
berger Bevölkerung zu gewährleisten. 
Ziel der Politik 
Auch wenn es sinnvoll und notwendig ist, dass 
Vorarlberg in den europäischen Energiemarkt 
Die aktuelle Wirtschaftkrise zeigt die Kehrseiten 
und Risiken einer globalisierten, vernetzten Wirt- 
schaft auf. Auch im Energiebereich wird deshalb 
der Wunsch nach mehr Unabhängigkeit laut. Eine 
Abschottung unseres Landes vom europäischen 
Energiemarkt ist aber weder aus ökologischen 
noch aus ökonomischen Gründen sinnvoll. 
Maßnahmen zur Energieeffizienz sowie der ökolo- 
gisch vertretbare Ausbau der Wasserkraft und 
anderer erneuerbarer Energieträger sind dennoch 
dringend notwendig. 
Physikalisch gesehen wird in Vorarlberg heute 
schon beinahe gleich viel Strom erzeugt, wie ver- 
braucht wird. Den rund 2500 Gigawattstunden 
(GWh) an jährlichem Stromverbrauch stehen rund 
2200 GWh an heimischer Erzeugung aus Wasser- 
kraft und aus anderen erneuerbaren Energieträgern 
gegenüber. Rechnet man die langfristigen Strom- 
bezugsrechte der VKW an Donaukraftwerken 
dazu, ist Vorarlberg energieautark. 
Nur theoretisch autark 
Diese Eigenständigkeit ist aber aus verschiede- 
nen Gründen theoretischer Natur. So wird in 
den Wasserkraftwerken der Illwerke und der 
VKW saisonal betrachtet unterschiedlich viel 
Strom produziert. Zudem erfüllen besonders 
die Pumpspeicherkraftwerke der Illwerke eine 
wichtige Aufgabe im europäischen Energie- 
markt: Sie liefern hochwertige Spitzen- und 
Regelenergie. Kommt es im europäischen Netz 
beispielsweise in den Mittagsstunden zu Ver- 
brauchsspitzen, sind die Kraftwerke im Mon- 
tafon in der Lage, binnen Sekunden darauf zu 
Foto: 
Heiko 
Moosbrugger 
4 5 
Ludwig Summer 
ENERGIE 
I 
Land unter Strom 
Wie energieautark ist Vorarlberg? 
Adi Gross 
ENERGIE 
II 
Mehr Lebensqualität, weniger Ressourceneinsatz 
Nachhaltige 
Energie- 
wirtschaft 
,,Maßnahmen zur 
Energieeffizienz sowie der 
ökologisch vertretbare 
Ausbau der Wasserkraft 
und anderer erneuerbarer 
Energieträger sind drin- 
gend notwendig“ 
,,Vorarlberg könnte die 
Modellregion werden für 
Nachhaltigkeit, Lebens- 
qualität und Prosperität“ 
Foto: 
illwerke 
vkw 
Foto: 
Energieinstitut 
Fotos: 
illwrke vkw
	        
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