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Full text: Vorum 1997 - 2015 (1997 - 2015)

vorum: Gabesbei denErgebnissen 
altersbedingteUnterschiede? 
Hunziker: Ja, jüngereGästereagierenauf 
Veränderungensensibler. Wir rechnendamit, 
dass sichdieAblehnungdes Ausbaus touri- 
stischer Infrastruktur künftignochverstärkt. 
vorum: Ihr Fazit? 
Hunziker: DieErhaltungder landschaftlichen 
Schönheit ist für Tourismusregionennicht 
nur eineethischeVerpflichtung, sondern 
mittelfristigaucheineökonomischeNotwen- 
digkeit. Dies insbesonderedeshalb, weil land- 
schaftssensibleGästetatsächlichstarkbeein- 
trächtigteGebietemeiden, wieunsereErgeb- 
nissezeigten. Das bedeutet, esmüssenplane- 
rischeMittel ergriffenwerden, damit dieEnt- 
wicklungenvonauthentischentraditionellen 
KulturlandschaftenhinzureinenTourismus- 
destinationenohnelokaleEigenart verhin- 
dert werden. 
vorum: Daswirdaber nicht einfach 
sein, oder? 
Hunziker: Nein. Dennes gibt bei der Land- 
schaftsentwicklungimAlpenraumeinestarke 
Fremdbestimmung. DieBewohner des Alpen- 
raums sehensichvorwiegendmit Touristen 
konfrontiert, welchedieErhaltungeines tra- 
ditionellenLandschaftsbildes wünschenund 
gleichzeitigdas Vorhandenseineiner zeit- 
gemäßentouristischenInfrastruktur voraus- 
setzen. 
Dr. Marcel Hunziker ist Gruppenleiter 
ander EidgenössischenForschungsanstalt 
für Wald, SchneeundLandschaft WSL. 
SeinSchwerpunktgebiet ist diesozialwissen- 
schaftlicheLandschaftsforschung. 
E-Mail: marcel.hunziker@wsl.ch 
EineFallstudiedesSchweizer 
SozialwissenschaftersMarcel 
Hunziker hat gezeigt, dassdie 
Erhaltungder landschaftlichen 
Schönheit für eineTourismus- 
regionnicht nur eineethische 
Verpflichtung, sondernmittel- 
fristigaucheineökonomische 
Notwendigkeit darstellt. ImInterviewerklärt 
Hunziker diewichtigstenErgebnisse. 
vorum: ErzählenSieunsetwasüber Ihre 
Fallstudie? 
Hunziker: Wir habenineiner mündlicheBefragung 
zufälligausgewähltenGästenGrindelwalds Fotos 
vorgelegt unddazubefragt. Anhanddieser Bilder 
habenwir diebaulicheEntwicklungvonStreu- 
siedlungen, StraßenundtouristischenTrans- 
portanlagenversucht darzustellen. 
vorum: Waswarendieauffälligsten 
Ergebnissen? 
Hunziker: TourismusbedingteLandschaftsverände- 
rungenwerdengenerell als ästhetischer Verlust 
empfunden. Auf Veränderungen, diedurchden 
BauvonSkiliftenundBahnenausgelöst werden, 
reagiertendieBefragtensogar unabhängigvom 
Ausmaßdes Eingriffs sehr sensibel. 
Dr. Marcel Hunziker 
Foto:WSL 
Foto:UrsOskarKeller 
Tut mir leid, sanfter Tourismuserinnert michanalkoholfrei- 
esBier undKäsknöpflelight. Wasaber dann? 
BrachialtourismusumjedenPreiskann’sjaauchnicht sein. 
Ichwünschemir ganzeinfachMenschen, für derenReise- 
lust esverführerischeReisezielegibt, dienachgenussrei- 
cher BefriedigungausreichendHunger für dasnächsteMal 
übriglassen. Ineiner solchenBeziehunghat ungestümes 
BegehrengenausoPlatzwiebehutsameZuneigung, 
unverschämteNeugier wiekundigesInteresse. Dasbleibt 
nicht ohneFolgen: GästeundGastgeber wirkenaufeinan- 
der ein, WünscheundErwartungenprägendasAngebot, 
dieNutzanwendungder Landschaft fordert entsprechende 
Strukturen. Wer deneigenenLebensraumunddamit auch 
einwenigsichselbst zuMarkteträgt, lässt Nähe, Berüh- 
rungundVeränderungzu. Wer GeldineineReiseinvestiert, 
möchteetwasdafür bekommen. 
Esliegt natürlichnahe, dasssichbeideSeitendieser käuf- 
lichenBegegnungmit berechnendemFrohsinnundunver- 
bindlicher Zuwendungentledigen. AmEndehabenalle 
irgendwiebekommen, wassiewollten. Mit Event-Tourismus 
funktioniert dastadellos: DieGästehabenihrenSpaßund 
dieGastgeber habenihreSchuldigkeit getan. Findet das 
allesauchnochvor einer attraktivenLandschaftskulisse 
statt, braust der Applausundstimmt dieKassa. 
Aber dasinszenierte, massentauglicheReiseerlebnisfolgt 
erprobtenMechanismen, ist daher nicht beliebigvariierbar 
undbedingt aucheinenormgerechteMöblierungundEr- 
schließungder Landschaft. Außerdemwerdender Lebens- 
raumundseineMenschenzur Staffage–sindalsoaus- 
tauschbar. Zieht dieKarawanedanneinesTagesweiter, 
machensichinder nunmehr ausder Modegekommenen 
RegionLeereundOrientierungslosigkeit breit. Zudemver- 
wischt bunteundlauteBeliebigkeit GrenzenundUnter- 
schiede. Imzunehmendhärter werdendenVerdrängungs- 
wettbewerbder Inszenierer werdenalsojenegewinnen, 
diebereit sind, umjedenPreisTrendszunutzenoder zu 
schaffen, umtrendypeopleanzulocken–unddieGewinner 
werdenschwächereGewinner vomPlatzverweisen. 
Angesichtsdieser mörderischenEinödewerdensichaber 
jenefreuendürfen, dieanbietenohnesichpreiszugeben, 
dieeinladenohnezuvereinnahmen, diegastfreundlich 
sind, aber nicht gastkäuflich. Vielfalt, dieeinfachdaist, in 
der Landschaft, indenMenschen, braucht keineInsze- 
nierung, aber siesolltesichjenen, diefremdsind, doch 
nicht fremdbleibenwollen, einladend, anregendund 
freundlichpräsentieren, aufregendnatürlichauch, faszinie- 
rendundherausfordernd. Wer sichGästeinsLandholt, 
musssichauf Gästeeinstellenundwirdgut darantun, 
dabei authentischzubleiben. Dasist einAbenteuer, ein 
ganzundgarnicht sanftes. AberamEndekönntenalle 
gewinnen. 
AlfredKomarekist einösterreichischer Schriftsteller. 
Er lebt alsfreier Autor inWien, BadAusseeund 
Niederösterreich. 
DasEnde 
der 
Sanftmut 
AlfredKomarek 
WenndieÄsthetik 
verlorengeht, geht 
der Gast 
Foto:JanosKalmar 
Was„authentisch“ist -oderumgangssprach- 
lich, was„passt“-hängt immervomjeweili- 
genBetrachterundseinenkulturellen 
NormenundWertenab. Interessanterweise 
kanninunsererheutigenGesellschaft eine 
starkeSuchenachauthentischenDingen 
einerseitsundeinemauthentischenLeben 
andererseitsbeobachtet werden. 
AuthentischeDingezeichnensichfürden 
Betrachterdadurchaus, dasssiepassen, 
indemihreErscheinungnicht trügerischist. 
EinauthentischesLebenist hingegeneines, 
daszureigenenPersonpasst, weil siesich 
selbertreubleibt indem, wassietut. 
AUTHENTISCH 8
	        
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